Acht Top-Touren zwischen Mangfall und Chiemgau
Out of Rosenheim

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Wenn Sie das nächste Mal am Inntal-Dreieck im Stau stehen, fahren Sie doch einfach rechts ab. Hier locken Traumtouren in Hülle und Fülle!

MB Out of Rosenheim - Chiemgau 11
Foto: Peter Mathis

Der Himmel der Bayern befindet sich nicht etwa auf dem Oktoberfest. Auch wenn eine Brauerei dies hartnäckig behauptet. Der liegt schon eher hier, südlich von Rosenheim. Da sind sich die drei Freunde Kai, Stefan und Christian einig.

In ihrem Rücken ragt der felsige Gipfel des Wendelsteins auf, zu ihren Füßen erstreckt sich das breite Inntal mit seinen Bilderbuch-Dörfern, den vielen Kirchen, den Wirtschaften und Biergärten – und vor ihrer Nase taucht endlich die ersehnte Almhütte auf, die neben einer anständigen Brotzeit auch eine kühle Radlerhalbe bereithält. Einfach himmlisch.

Das ist nur fair. Schließlich liegt hinter Kai, Stefan und Christian auch so etwas wie das oberbayerische Fegefeuer: eine quälend lange Auffahrt mit gut 1000 Höhenmetern, gewürzt mit allersteilsten Rampen. Und ein felsdurchsetzter, matschiger Steig mit Schiebe- und Tragepassagen durfte natürlich auch nicht fehlen.

Für die Region zwischen Kufstein und Rosenheim, nicht einmal eine Autostunde von München entfernt, ist das typisch. Beiderseits des Inntals, zwischen Mangfallgebirge und den Chiemgauer Bergen, liegen Freud und Leid des Mountain­bikers nah beisammen.

Denn das abwechslungsreiche Tourenrevier bietet von allem etwas: Gemütliche Einrollstrecken in den Vorbergen, spannende Trails – aber eben auch die bissig steilen Anstiege. Und all das wird umrahmt von einer fast schon unwirklich idyllischen Landschaft.

Um den schroffen Klotz des Wendelsteins, der diese Szenerie überragt, ranken sich jede Menge Geschichten: etwa jene der Wendelstein-Zahnradbahn. Ende des 18. Jahrhunderts setzte der geheime Kommerzienrat Otto von Steinbeis das Örtchen Brannenburg als Talstation durch.

Am 4. Februar 1910 unterzeichnete der Bayerische Prinzregent Luitpold die Konzessionsurkunde. Um die Bahn vor Steinschlägen und Lawinen zu schützen, hatten die Planer die schwierigste der möglichen Linien gewählt. In nur zweijähriger Bauzeit errichteten rund 800 überwiegend bosnische Arbeiter die 9,95 Kilometer lange Bahnstrecke mit sieben Tunnels, acht Galerien, zwölf Brücken und aufwendigen Stützmauern.

Am 12. Mai 1912 fuhr die erste – elektrisch angetriebene – Bahn nach oben. Seit 1991 werden auf der Strecke moderne Doppeltriebwagen eingesetzt, zu besonderen Anlässen fahren jedoch bis heute Züge aus der Gründerzeit.

Heute Morgen sind die drei Rosenheimer Locals an der Talstation der Wendelsteinbahn in Brannenburg gestartet. Bis zum Sattel auf der Nordseite des Berges waren knapp 1000 Höhenmeter zu überwinden. Normalerweise bringt solch ein Höhenunterschied das Trio nicht aus der Fassung.

Schließlich waren sie alle einmal Leistungssportler: Kai und Stefan im Duathlon, Christian hat Cross-Country- und Marathonrennen bestritten, bevor er aufs Enduro-Bike umgestiegen ist. Heute zeigen die drei als Bike-Guides ihren Gästen die schönsten Touren ihrer Heimat.

Die steilen Rampen sind deshalb keine Überraschung für sie, und doch rauben sie ihnen immer wieder den Atem. "Früher haben wir auf dieser Strecke immer erst Luft aus den Reifen gelassen", erinnert sich Christian. Kein Wunder, denn ohne optimalen Grip ist die Chance gleich null, diesen Anstieg ohne Schieben zu bewältigen.

Doch auch wer schiebt, dem wird es hier sicher nicht langweilig: Während der Verschnaufpausen lohnt sich ein Blick auf die waghalsig angelegte Bahnstrecke. Der Weg von Brannenburg zur Reindler Alm verläuft nahezu parallel zu den Gleisen. Die bunten Züge kündigen sich durch gemütliches Rattern an, um dann in Galerien oder Tunnels zu verschwinden.

An sonnigen Tagen nutzen viele Ausflügler die Bahn für den Weg nach oben und wandern dann nach unten. Aufmunternde Worte und bewundernde Blicke sind den Bergradlern also garantiert.

Während der Umrundung des Wendelsteins kommt etwas Zuspruch mitunter nicht ungelegen. Unterhalb einer respekt­einflößenden Felswand führt die Strecke nun gegen den Uhrzeigersinn um den Wendelstein herum. Schieben und Tragen ist angesagt, und die Wanderer wundern sich.

"Macht das denn Spaß?" fragt ein beleibter Herr im klassisch-karierten Hemd. Seine Gesichtsfarbe und sein Schnauben lässt allerdings eher die schleppenden Radler zweifeln, ob ihr Wanderfreund-Gegen­über denn seine mühsame Fortbewegungsart genießt – doch natürlich geben sie ihm eine freundlich-höfliche Antwort: "Manchmal gehört das eben dazu." Und insgeheim denken sie sich wohl, dass sie als echte und damit katholische Bayern nicht ohne ein zumindest kleines Fegefeuer in den Himmel kommen. Und da wollen sie ja schließlich hin.

Einen Vorgeschmack darauf bieten die fahrbaren Stücke der Querung. Die zergehen den versierten Mountainbikern auf der Zunge. Dass Stefan, Christian und Kai ihre fahrbaren Untersätze beherrschen, ist unübersehbar. Auf dem schmalen Kurs zwischen kleinen Felsen, Wurzeln und Matsch ist Balancegefühl gefragt.

Doch nach der Kesselalm läuft der Film in anderer Geschwindigkeit ab: Der breite Fahrweg präsentiert sich als Serpentinenrennstrecke vom Feinsten. "Aber Achtung, hier sind auch viele Wanderer unterwegs!" mahnt Christian zur Vorsicht.

Ein letztes Mal bäumt sich die Tour nun auf. Ein Fahrweg führt hoch in das Traditionsskigebiet Sudelfeld – und der ist eben wieder mal so richtig steil. Zum Ausgleich folgt noch der Weg durch das idyllische Hochtal des Arzmoos mit seinen verstreut liegenden alten Almhütten, dann ist der holprige Steig hinunter zum Fahrweg an der Zahnradbahn erreicht. Bergab lassen die steilen Abhänge über dem Inntal das Herz jedes Enduristen jubeln. Denn mit der richtigen Geschwindigkeit bügeln die stabilen Rösser den rauen Untergrund wunderbar seidig glatt.

"Naja, das war vielleicht doch ein bisschen zu schnell", räumt Christian allerdings grinsend ein – nach der dritten Zwangspause wegen eines Durchschlags. Doch auch der ist schnell repariert. Und beim Blick nach oben ist trotz Schweißes in den Augen sonnenklar: Das ist er, der Himmel der Bayern. Zumindest für die mit einem Mountainbike.

Touren

Kurz und kompakt: Alle Infos zur MTB-Region südlich von Rosenheim

Basics

MB Out of Rosenheim - Chiemgau - Übersichtskarte Inntal
Traumtouren in verwunschener Landschaft - Acht Top-Touren rund um das Inntal. (Klick auf die Karte öffnet die Großansicht)

Lage: Das Tourenrevier von Rosenheim erstreckt sich beiderseits des Inntals bis nach Kufstein hinunter. Etwa eine Autostunde von München entfernt finden Mountainbiker hier alles, was das Herz begehrt: gemütliche Runden auf Forstwegen im Talgrund, wellige Trails in den Voralpen, aber auch bissig steile Anstiege und wilde Hochgebirgstrails in den Bergen selbst. Dazu noch zahlreiche Almen und Einkehrmöglichkeiten und die beliebten Badeseen – und das Traumrevier ist komplett.

Beste Reisezeit: In den Voralpen kann man meist schon ab April auf gute Bedingungen hoffen. Je nach Schneefall im Winter sind die Wege in den eigentlichen Bergen aber meist erst ab Mai befahrbar. Während im August häufig mit Gewittern gerechnet werden muss, bietet der September optimale Tourenbedingungen. Auch der Oktober präsentiert sich in den oberbayerischen Bergen meist golden. Ende Oktober ist aber in der Regel Schluss mit Touren.

Anreise: mit dem Auto über die A 8 bis zum Autobahnkreuz Inntal. Dann von der Inntalautobahn ab zum Startpunkt der Touren (83 km, 50 Minuten von München aus).

Mit dem Zug: Mit der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) nach Bayrischzell – so werden auch umweltfreundliche Tagestouren möglich. Fahrplan: www.bayerische-oberlandbahn.de. Alternativ mit der DB und einmal umsteigen nach Brannenburg. Infos: www.bahn.de

Equipment

Das ideale Bike: Auch wenn Biker sich hier auf den vielen Trails bisweilen viel Federweg wünschen, der Löwenanteil der Touren spielt sich auf Forstwegen ab und ist oft mit steilen Anstiegen gewürzt. Gewichtsersparnis geht somit vor Federweg. Ein 120er- Tourenfully ist daher die optimale Wahl.

Übernachten

Feuriger Tatzelwurm: Oberaudorf. Der Drache ist mittlerweile weg, einem ruhigen Aufenthalt nahe des tosenden Wasserfalls steht nichts mehr im Wege. Tel. 0 80 34/30 08-0, www.tatzelwurm.de

Gasthof Hotel Hirzinger: Söllhuben, Tel. 0 80 36/12 66, www.hirzinger.eu

Berggasthof Duftbräu: Samerberg. Der Name kommt vom "Tuffstein", der hier abgebaut wurde. Riecht aber trotzdem gut: Die Schweinshaxn sind legendär! Gut als Basecamp gerade für Familien geeignet. Tel. 0 80 32/82 26, www.duftbraeu.de

Berggasthof Kraxenberger: St. Margarethen, schön am Fuß des Wendelstein gelegen. Gutes Basecamp für Touren. Tel. 0 80 34/81 99, www.berggasthaus-kraxenberger.de

Essen/Chillen

Wendelsteinhaus: gutbürgerlich essen bei bombastischem Panoramablick über die Alpen. Da lohnt sich das Seilbahnticket. Tel. 0 80 23/4 04, www.wendelstein1.de

Mitteralm: Alpenvereinshütte mit gemütlicher Sonnenterrasse direkt an einer Haltestelle der Wendelsteinbahn gelegen. Tel. 0 80 34/27 60, www.bergbund.de/mitteralm.htm

Kesselalm: urige Hütte am Breitenstein mit typisch bayerischer Küche. Tel. 0 80 28/26 02, www.kesselalm.de

Schlipfgrubalm: am Breitenberg oberhalb von Brannenburg. Das "Schlipfgrubpfandl" mit Schupfnudeln und Gemüse wacht müde Biker wieder munter. Tel. 0 80 34/29 83.

Wildbichler Alm: schöner Berggasthof im Kaiserwinkl mit toller Aussicht auf den Wilden Kaiser und die Kitzbüheler Alpen. Tel. 00 43/6 64/5 40 32 05.

Specials

Bike-Guides: Kai Butenberg, Christian und Stefan Morgenroth von A-Way (siehe Bikeshops).

Andy Rieger: Rosenheim, Tel. 0 80 31/2 08 67 22, www.bikeguide-chiemgau.de Mountainbike-Schule

Tegernsee: Bad Wiessee, Tel. 0 80 22/9 83 60, www.tegernseer-mountainbike-schule.de

Events

IKO Corratec Cup 2010: Serie von sieben Mountainbike-Rennen (hauptsächlich Nachwuchs) rund um Raubling. Von Anfang Mai bis Mitte Juli 2010 (Termine stehen noch nicht fest). www.dienstagsradler.de

Wendelsteinrundfahrt: 20. August 2009. Legendäre und traditionsreiche Straßen-RTF, für 2009 sind die Startplätze bereits vergeben, eine Nachrückerliste ist aber eingerichtet. Für 2010 vormerken! www.wendelsteinrundfahrt.de

Rosenheimer Radmarathon: 20. Juni 2010. Vier Strecken für Straßenfahrer, eine Kultveranstaltung in der Region. www.rosenheimer-radmarathon.de

Bike-Shops

A-Line Shop/A-Way: Klepperstr. 18f, Rosenheim, Tel. 0 80 31/8 09 49 78, www.a-line-shop.de

Toms Bikecorner: Münchnerstraße 35a, Rosenheim, Tel. 0 80 31/8 87 12 50, www.tomsbikecorner.de

Maxx Bike World: Theodor-Gietl-Str. 1, Rosenheim, Tel. 0 80 31/26 05 26, www.maxx.de

Hansi‘s Bicycle Shop: Kufsteiner Str. 33, Rosenheim, Tel. 0 80 31/1 58 55, www.bicycle-shop.de

Bike Alm: Kaiserstr. 26a, Rosenheim. Tel. 0 80 31/9 01 70 94, www.bike-alm.de

Hin und Her

Bus und Bahn: Die Höhenmeter über dem Inntal muss man sich selbst verdienen. Keine der Seilbahnen vor Ort nimmt Mountainbikes mit. Zum Ausgleich sind die Talorte rund um den Wendelstein gut mit Bussen unterein­ander verbunden. Aber Achtung! Fahrradmitnahme eingeschränkt! Eventuell reservieren: Wendelstein-Ringlinie, Tel. 0 80 66/ 90 63 33, www.wendelstein-ringlinie.de. Doch auch ohne Bike ist eine Fahrt auf den Wendelstein ein lohnender Ausflug. Die Gipfelkapelle ist berühmt, und vor allem bei Kindern steht die Schauhöhle hoch im Kurs. Tel. 0 80 34/3 08-0 oder www.wendelsteinbahn.de

Infos

Karten: Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, Blatt UKL 7 "Chiemsee, Chiemgauer Alpen" und UKL 12 "Mangfallgebirge”, beide im Maßstab 1:50 000. Freytag & Berndt, Blatt WK D6 "Tegernsee, Schliersee, Mangfallgebirge" und Blatt WK D9 "Chiemsee, Traunstein, Ruhpolding, Chiemgauer Alpen und Seen", beide im Maßstab 1:50 000.

Führer: "Mountainbiketouren für Genießer in Oberbayern", Udo Kewitsch, J.-Berg-Verlag, ISBN 978-3-7658-4249-8, 14,95 Euro.

Allgemeine Reiseinfos: Tourismusverband Wendelstein, Bad Aibling, Tel. 0 80 61/90 80 70, www.rosenheimer-land.de
Tourist-Info Brannenburg, Tel. 0 80 34/45 15, www.brannenburg.de/
tourismus_freizeit.html
Touristinfo Bayrischzell, Tel. 0 80 23 /6 48, www.bayrischzell.de

Abwechslung gefällig? Vier Rennradtouren in der Region

Sudelfeld

Die Auffahrt von Oberaudorf zum Tatzelwurm ist legendär. Wer sich einmal bei der Wendelsteinrundfahrt im Pulk über diese enge und steile Straße hinaufgedrängelt hat, wird sie immer wieder fah­ren wollen. Am Tatzelwurm lehnt sich die Strecke zurück, und man kann richtig genießen, bevor es an den Sudelfeld-Sattel geht. Der Übergang nach Bayrischzell war schon des öfteren Etappe der Deutschland-Rundfahrt. Kein Wunder, bei dieser Landschaft!

Brannenburg

Wer noch einen Scheit ins Feuer legen will, sollte das Sudelfeld über die Nordrampe von Brannenburg aus angehen. Eine kleine Straße fast ohne Autoverkehr schlängelt sich entlang eines Wildbaches durch ein wildromantisches Tal. Doch für die landschaftliche Schönheit wird man kaum ein Auge haben. Denn die ist mit Stichen von über 20 Prozent Steigung gespickt und gilt daher völlig zu Recht als die Herausforderung schlechthin.

Spitzingsattel

In Bayrischzell angekommen, bietet sich ein Weiterweg über den Spitzingsattel an. Auch der ist giftig steil, zum Ausgleich hat man sich hier schon an die vielen Motorradfahrer gewöhnt. Ab dem Spitzingsee wird es dafür deutlich ruhiger, dann steht die Fahrt durch die Valepp an. Die enge und wilde Schlucht ist Ausgangspunkt vieler Bike-Touren, lohnt sich aber auch mit dem Straßen-Drahtesel. Ein wunderbarer Übergang zum Tegernsee!

Hocheck

Wem der Weg über die Valepp zu lang ist, kann auch die "Kurz und knackig"-Variante wählen. Dazu biegt man bei Aurach nach Fischbachau ab und rollt gemütlich nach Hundham. Jetzt noch ein winziger Gegenanstieg, dann folgt die rasante Abfahrt hinunter nach Bad Feilnbach, wo man in Sachen Geschwindigkeit endlich einmal den Motorradfahrern Paroli bieten kann. Für diese Variante der Wendelstein-Runde bietet sich Bad Feilnbach als Startort an.

Acht Top-Touren in der Region:

Weitere Top-Spots für Biker:

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Erscheinungsdatum 05.03.2024