MTB-Reifen Know-how – Infos zu Aufbau, Gummimischung, Profil und Luftdruck
Know-how MTB-Reifen: Infos zu Aufbau, Gummimischung, Profil und Luftdruck

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Wie ist ein MTB-Reifen aufgebaut? Welche Unterschiede gibt es bei der Gummimischung und beim Stollenprofil? Und wie findest du den richtigen Luftdruck für deine Reifen? Hier klären wir die wichtigsten Fragen rund ums Thema MTB-Reifen.

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Foto: Thomas Schmitt

Aufbau/Karkasse

Ein Fahrradreifen sieht zwar aus wie ein schnödes Stück Gummi, der Aufbau ist jedoch komplex – siehe Schnittmuster unten.

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Test: 8 Reifen für Tour und All-Mountain (2016)
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MTB-Reifen sind das Bindeglied zwischen Bike und Trail. Wer hier aufs Geld achtet, spart am falschen Ende. Wir haben 8 Reifen im Labor und auf den Trails getestet.
8 Tour- und All-Mountain-Reifen im Test. Die Modelle in 27,5" kosten zwischen 40 und 60 Euro.


Bontrager XR4 Team Issue TLR 2,2"
Continental Mountain King Racesport 2,4"
Hutchinson Taipan TR Hardskin 2,25"
Maxxis Ardent Tubeless Ready Exo 2,25"
Michelin Wild Grip’r Advanced 2,25"
Schwalbe Nobby Nic Evo TLE Pacestar 2,35"
Specialized Purgatory Grid 2Bliss 2,3"
WTB Trail Boss TCS Light 2,25"
nur2,99

Nach dem Kauf erhältst du eine E-Mail mit einem Link zum PDF-Datei Download oder kannst die Datei direkt hier auf der Webseite herunterladen.

Das Grundgerüst bildet die Karkasse (s. folgende Grafik, mit A markiert), die aus einem speziellen Gewebe und aus mehreren Lagen besteht – je bergablastiger der Einsatzbereich, desto mehr Lagen. Die Dichte der Karkasse wird oft in TPI (Thread per Inch) angegeben: die Anzahl der verwebten Fäden pro Zoll. Feines Gewebe ist dichter, bietet besseren Schutz vor Durchstichen und ermöglicht die Fertigung leichter Reifen.

Bei sehr feinem Gewebe (ab ca. 100 TPI) kann der Durchstichschutz aufgrund der dann sehr dünnen Fäden jedoch gemindert sein, es dient daher meist als Grundgerüst für Leichtbaureifen. Einen guten Kompromiss bietet ein Gewebe mit 60–70 TPI.

Zwischen Karkasse und Außengummi sind fast alle Allround-Reifen in diesem Test mit einer Flankenschutzlage ( B ) verstärkt. CC-Race-Pneus hingegen müssen meist ohne Schutzwand auskommen, sind entsprechend leicht – aber auch pannenanfällig und instabil.

Auch die mit den Stollen bestückte Lauffläche ( C ) kann mit einem Schutzgürtel ( D ) unterlegt sein. Der Wulstkern ( E ) aus Gummi presst sich ins Felgenhorn und sorgt für einen festen Sitz des Reifens. Im Kern selbst verläuft ein Draht, bei Faltreifen sind es flexible Aramidfäden.

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MOUNTAINBIKE
Aufbau MTB-Reifen
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MOUNTAINBIKE
Unter dem Mikroskop gut zu sehen: links eine grobe Karkasse (24 TPI), rechts eine sehr fein gewebte Karkasse (127 TPI).

Gummimischung bei MTB-Reifen

Die richtige Gummimischung zu finden, das zählt zu den kniffligsten Aufgaben der Hersteller. Öle, Kautschuke und unzählige Zusatzstoffe werden zu einer Art Zaubertrank angerührt, dessen Formel meist nur wenige Chemiker im Haus kennen. Es gilt, den besten Mix aus den gegensätzlichen Anforderungen Rollwiderstand und Grip zu finden.

Viele Hersteller machen Angaben zur Gummihärte, wie etwa 60A. Je höher die Zahl, umso härter die Gummimischung. Die Härte nach Shore-A lässt sich mit einem Prüfgerät mit federbelastetem Stift bestimmen. Viele Hersteller mischen an einem Reifen zwei oder gar drei Gummimischungen – etwa ein hartes Gummi auf der Lauffläche und ein weiches für die Seitenstollen.

Grundsätzlich gilt: Weiches Gummi "klebt" am Boden, rollt entsprechend zäher. Dennoch lässt sich aus der Gummihärte alleine noch keine verlässliche Aussage über Grip und Rollwiderstand treffen. Der Energieverlust des Kunststoffs bei Verformung sowie die Ausfedergeschwindigkeit (Rebound) spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.

Gummi besitzt eine gewisse Eigendämpfung, geht nach Verformung nur langsam in die Ausgangsform zurück. Bei hoher Dämpfung erhöht sich die Bodenkontaktzeit der Stollen, der Grip steigt. Nachteil: Dämpfung erzeugt Wärmeenergie, in Folge erhöht sich der Rollwiderstand.

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Benjamin Hahn
Viele Hersteller drucken die Gummimischung auf den Reifen. Oft sind es Marketing-Namen. So ist bei Schwalbe (links) die Trailstar-Mischung eine mittelweiche. Andere Hersteller geben den exakten Härtegrad nach Shore-A (rechts) an.

Stollenprofil bei MTB-Reifen

Wie die Mischung des Gummis, sind auch die Anordnung und die Form der Stollen eines MTB-Reifens eine Wissenschaft für sich. Das Faszinierende: Jeder dieser Gumminoppen hat eine eigene, spezielle Aufgabe.

Die unteren Flanken der Mittelstollen (s. Grafik unten, Farbe grün) graben sich in den Untergrund und sorgen für Vortrieb. Die obere Stollenseite (rot) übernimmt die Bremsfunktion. In Kurven kommen die Flanken der Seitenstollen zum Tragen (gelb), aber auch die Flanken der Mittelstollen sind aufgrund starker Verformung im Einsatz.

Generell gilt: Je mehr Stollen im Einsatz, umso besser ist der Grip. Aber nur ein offenes Profil mit großen Freiräumen (s. Grafik unten, A ) bietet den Stollen genügend Platz, um sich an Steinen und Wurzeln festzuhaken, und sorgt zusammen mit der passenden Gummimischung für die erwünschte Selbstreinigungsfunktion im Matsch.

Eine eher geschlossene Profilkette ( B ) mit flachen Stollen fördert gutes Rollverhalten, reduziert Lärm und Verschleiß, setzt sich aber schnell mit Schmutz zu und generiert generell weniger Traktion. Geschlitzte Stollen (Grafik unten, C ) bieten eine Griplamelle mehr, zusätzlich klaffen die Hälften unter Last auseinander und erhöhen so die Kontaktfläche. Großflächige Stollen verringern den Verschleiß und haften auf glatten Untergründen wie Fels besonders gut. Lange Seitenstollen sind in der Regel seitlich abgestützt ( D ), was ein Wegknicken in der Kurve verhindern soll.

Das Profil prägt auch die Kategorie eines Reifens. Flache, engkettige Stollen ergeben schnelle Pneus für den CC-/Marathon-Einsatz, große und bissige Stollen kennzeichnen Enduro-Reifen, lange "Gummi-Spikes" sind für Matschreifen prädestiniert. Allroundreifen wie in unserem Test weisen meist ein Mischprofil für alle Bedingungen auf – wie ein Ganzjahresreifen am Auto.

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Benjamin Hahn
Das Stolenprofil von MTB-Reifen

MTB-Reifen: Der richtige Luftdruck

Grundsätzlich gilt: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Denn auch wenn es paradox klingt, ein prall gefüllter Reifen rollt abseits der Straße schlechter als einer mit wenig Druck. Das hat MOUNTAINBIKE in einer aufsehenerregenden Messreihe vor fast 15 Jahren bewiesen.

Der Grund: Schon kleinste Unebenheiten wie etwa Schotter bremsen den Reifen ab. Je weniger Luftdruck nun im Reifen ist, desto besser passt sich dieser dem Untergrund an, desto weniger wird er verzögert. Zu wenig Druck jedoch lässt die Gefahr von Durchschlägen ("Snakebite") massiv steigen. Auch kann es passieren, dass der Pneu bei aggressiven Kurvenfahrten wegknickt.

Es gilt also wie so oft, den besten Kompromiss zu wählen.

Die folgende Tabelle hilft dir, den für dich passenden Wert zu finden – der im Einzelnen aber noch durch das Reifenmodell, deinen Fahrstil, die Montage (Tubeless oder Schlauch) und sogar die Felgenbreite um 0,2 Bar und mehr von unserer Empfehlung abweichen kann.

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MOUNTAINBIKE
Der richtige Luftdruck - abhängig von Fahrergewicht und Reifenbreite (für Großansicht auf die Grafik klicken)

Mehr Infos zum Thema MTB-Reifen:

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05 / 2024
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Erscheinungsdatum 02.04.2024