Mängel, Lieferverzögerung und Co.: Deine Rechte als Biker – 6 konkrete Fälle
Mängel, Lieferverzögerung und Co.: Deine Rechte als Biker – 6 konkrete Fälle

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Foto: Benjamin Hahn

Fall #1:

Felix K. hat beim Händler ein neues, rot lackiertes Hardtail gekauft. Kurze Zeit später stellt er einen Rahmenhaarriss fest. Er gibt das Rad zurück, der Händler bessert nach und setzt einen neuen Rahmen ein.Leider ist der Rahmen nicht rot, sondern gelb. Hat Felix ein Recht auf einen roten Rahmen?

Ja! Grundsätzlich hat Felix K. ein Recht auf die Beseitigung des Mangels, und das umfasst auch die Lieferung einer mangelfreien Sache. Wenn er ein rotes Rad gekauft hat, hat er Anspruch auf ein rotes Rad ohne Haarriss im Rahmen. Wenn das Lackieren nicht ohne weiteres möglich ist oder der rote Rahmen nicht mehr lieferbar ist, kann Schadensersatz verlangt werden.

Fall #2:

Ottmar K. kauft im Frühjahr ein neues All-Mountain. Für den Sommer hat er eine geführte Alpencross-Tour gebucht. Ein paar Tage vor der Tour geht das Tretlager kaputt. Welche Ansprüche hat er? Kann er auf ein Ersatzrad bestehen?

Sofern der Defekt nicht auf Verschleiß oder unsachgemäße Behandlung zurückzuführen ist, liegt ein Mangel vor und Ottmar K. hat das Recht auf eine kostenfreie Reparatur. Der Verkäufer hat wiederum das Recht, das Bike im Rahmen einer angemessenen Frist (in der Regel 14 Tage) zu reparieren. Muss es, wie hier, schnell gehen, kann die Frist kürzer ausfallen. Zwar besteht kein direkter Anspruch auf ein Ersatzrad, Ottmar K. kann jedoch Schadensersatz verlangen und könnte dem Händler die Kosten für ein Leihrad in Rechnung stellen. Für den Verkäufer kann es vor diesem Hintergund Sinn machen, dem Kunden für die Zeit der Reparatur ein eigenes Leihrad zu überlassen.

Fall #3:

Werner M. kauft bei einem Händler ein All-Mountain. Nach der ersten Regenfahrt knarzt das Tretlager. Der Händler baut insgesamt drei Mal (nach jeder Regenfahrt) neue Lager ein. Er weigert sich jedoch, das Bike zurückzunehmen. Der Händler sagt, er habe schon hunderte solcher Lager verbaut und nur Werner M. habe Probleme. Das Bike ist mittlerweile 22 Monate alt. Welche Ansprüche hat Werner M.?

Werner M. kann nach wiederholt fehlgeschlagener Reparatur vom Kauf zurücktreten und Schadensersatz verlangen. Die Reparatur gilt nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen. Die Verjährung beginnt erneut, wenn der Verkäufer den Defekt anerkennt. Dies dürfte der Fall sein, wenn er das Lager wiederholt wechselt und damit zum Ausdruck bringt, dass er das Knarzen als Mangel akzeptiert.

Fall #4:

Johannes H. kauft sich ein neues Race-Hardtail. Nach drei Jahren blättert am Oberrohr des Rahmens der Lack ab. Er wendet sich an den Händler und reklamiert den Rahmen. Der Händler wendet sich an den Hersteller, der aber jegliche Garantieansprüche ablehnt. Normalerweise vergibt der Hersteller aber eine lebenslange Garantie auf Rahmen. In diesem Fall argumentiert er, Johannes W. habe das Bike nicht richtig gepflegt. Johannes W. behauptet das Gegenteil. Welche Ansprüche kann er hier geltend machen?

Der Hersteller muss beweisen können, dass Johannes W. das Bike nicht gepflegt hat. Kann er das nicht, muss er sein Garantieversprechen einhalten. Hier kann es auf die Einzelheiten im Garantievertrag ankommen, zum Beispiel auf dort vorgeschriebene regelmäßige Wartungen bei einem Fachhändler.

Fall #5:

Axel K. kauft bei einem Händler einen neuen Sattel. Leider knarzt er recht bald. Über den Händler wird der Sattel zurück an den Hersteller geschickt. Der Sattel kommt zurück, knarzt aber immer noch. Welche Ansprüche hat Axel K.?

Axel K. muss den Händler noch ein zweites Mal zur Reparatur des Sattels auffordern. Knarzt der Sattel nach dem zweiten Umtausch immer noch, kann Axel K. vom Kaufvertrag zurücktreten und vom Händler die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen.

Fall #6:

Anna W. bestellt bei einem Versandhändler ein neues Enduro. Innerhalb des ersten Jahres ist die Sattelstütze defekt, das Tretlager knarzt und die Gänge schalten nicht sauber. Der Versandhändler arbeitet für Reparaturen mit Servicepartnern zusammen. Anna W. fährt 300 km bis zur nächsten Vertragswerkstatt und führt das Bike dort vor. Der Service-Partner verspricht, die Mängel zu beseitigen, lässt Anna W. aber danach drei Wochen im Regen stehen. Der Versender, der für die Lieferung der Ersatzteile zuständig ist, argumentiert, es sei Hochsaison und die Wartezeiten seien entsprechend länger. Ist dies gerechtfertigt?

Auch wenn Anna W. eine 300-km-Fahrt unternehmen musste – der sogenannte Erfüllungsort der Nacherfüllung ist der Sitz des Verkäufers. Dies bedeutet, dass sie das Bike definitiv zum Verkäufer bringen muss, um einen Anspruch auf die Reparatur zu haben. Allerdings muss der Verkäufer die Transportkosten übernehmen. Verzögert sich die Reparatur aufgrund der späten Ersatzteillieferung, ist dies unerfreulich, aber letztlich nicht zu ändern. Anna W. kann Schadensersatz verlangen, etwa die Kosten der Anmietung eines Ersatzbikes für die Wartezeit.

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Erscheinungsdatum 02.04.2024