Die besten Trails rund um die Saale
Trailguide: Thüringer Schiefergebirge

Inhalt von

Knackige Touren, deftige Küche, viel deutsche Geschichte und Kultur: Ins Herz der Region lockt ein buchstäblich vielschichtiges Revier der Extraklasse.

Trailguide Thüringer Schiefergebirge
Foto: Adrian Greiter

Vier Touren im Schiefergebirge

1. Saalerunde

Länge41,08 km
Dauer3:44 Std
SchwierigkeitsgradMittelschwer
Höhenunterschied749 Meter
Höhenmeter absteigend751 Meter
Tiefster Punkt316 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
GPS-Daten
KML-Daten

Diese Tour findest du auch bei unserem Partner

2. Saalerunde 2

Länge54,79 km
Dauer5:08 Std
SchwierigkeitsgradSchwer
Höhenunterschied1121 Meter
Höhenmeter absteigend1122 Meter
Tiefster Punkt470 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
GPS-Daten
KML-Daten

Diese Tour findest du auch bei unserem Partner

3. Grenztour

Länge35,46 km
Dauer3:12 Std
SchwierigkeitsgradMittelschwer
Höhenunterschied655 Meter
Höhenmeter absteigend655 Meter
Tiefster Punkt537 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
GPS-Daten
KML-Daten

Diese Tour findest du auch bei unserem Partner

4. Bleilochstausee-Runde

Länge52,24 km
Dauer4:50 Std
SchwierigkeitsgradSchwer
Höhenunterschied1010 Meter
Höhenmeter absteigend1014 Meter
Tiefster Punkt375 m ü. M.
Höchster Punkt m ü. M.
GPS-Daten
KML-Daten

Diese Tour findest du auch bei unserem Partner

Infocenter

Lage & Charakter: Das Schiefergebirge ist der südöstlichste Zipfel Thüringens direkt an der Grenze zu Bayern und schließt sich an den Thüringer Wald an. An der Kammlinie, auf der auch der Rennsteig verläuft, erreichen die Gipfel Höhen von 700 bis 860 Metern, während die Saale am Hohenwarte- Stausee nur auf knapp 300 Metern liegt. Dadurch ergeben sich für ein Mittelgebirge mitunter überraschende Höhenunterschiede. Generell ist die Landschaft aber eher sanft gewellt, kaum alpin.

Anreise: Das Thüringer Schiefergebirge liegt recht zentral und ist mit der A 73 im Westen und der A 9 im Osten gut angebunden. Zudem führen mehrere Bundesstraßen durch das Gebiet. Auch mit der Bahn ist die Region dank Anbindung an die Hauptstrecke Nürnberg–Jena und diverser Regionalbahnen prima erreichbar.

Beste Reisezeit: Wegen der Querriegelwirkung zur europäischen Hauptwetterrichtung ist das Wetter in den Hochlagen ungewöhnlich rau, es gibt überdurchschnittlich viel Niederschlag. Aber das Reizklima birgt Erholungswert und therapeutischen Nutzen. In den Tallagen ist es deutlich milder. Dementsprechend ist die beste MTB-Reisezeit vom Frühjahr bis in den Herbst, also etwa April bis Oktober, wobei die Touren entlang der Saale früher bzw. später machbar sind.

Übernachtung: In der Region gibt es viele radfreundliche Hotels und Gasthöfe, wie das Hotel & Restaurant "Zur Fernmühle" in Ziegenrück (fernmuehle.de), das Gasthaus "Garküche" in Leutenberg (garkueche.de) oder das Schlosshotel Eyba in Saalfeld (schloss-hotel-eyba.de). Weitere auf Biker*innen ausgerichtete Unterkünfte findest du auf der Webseite bettundbike.de des ADFC.

Guiding: Wer sich die Region von Locals zeigen lassen will, wendet sich an Lucas Rahm vom Trailwerk (trailwerk.bike) – oder an Ronny Quitschalle, der neben Fahrtechnik- und Renntrainings auch Touren anbietet (ronmanshow.com).

Abseits des Trails:

  • Boat & Sleep: Wer Europas größtes zusammenhängendes Stauseegebiet von einer ganz anderen Seite erleben will, der kann sogar darauf übernachten. Mit dem "Rollyboot", einem 24 qm großen Hausboot, schippert man völlig autark und ganz gemütlich über den Hohenwarte-Stausee. In einer der zahlreichen Buchten kann man für die Nacht vor Anker gehen und mit einem Glas Wein in der Hand auf der bootseigenen Terrasse den Sternenhimmel genießen. rollyboot-hohenwarte.de
  • Auf die Ohren: Immer Mitte August findet in Saalburg an der Bleilochtalsperre eines der größten Open-Air-Festivals Europas statt, das "Sonne Mond Sterne". Rund 40 000 Hip-Hop- und Elektrofans versammeln sich alljährlich auf dem Festivalgelände am Strand des Ortes, um drei Tage lang zusammen zu feiern. sonnemondsterne.de
  • Grottig gut: Wo einst schwarzer Alaunschiefer abgebaut wurde, kann man heute auf drei Sohlen, also Stockwerken, die laut Guinness-Buch farbenreichsten Grotten der Welt bestaunen: In den Feengrotten des Saalfelder Schaubergwerks hat die Natur die Hohlräume, die durch den Abbau entstanden, in eine faszinierende Tropfsteinwelt verwandelt. feengrotten.de
  • Guiding: Wer sich die Region von Locals zeigen lassen will, wendet sich an Lucas Rahm vom Trailwerk (trailwerk.bike) – oder an Ronny Quitschalle, der neben Fahrtechnik- und Renntrainings auch Touren anbietet (ronmanshow.com).

Der Trailguide durch das Thüringer Schiefergebirge

Blau schimmernd und wie ein locker auf eine Wiese geworfenes Band räkelt sich die Saale durch die hügelige, üppige Landschaft, die mich umgibt. Dennoch ist nicht der Fluss gemeint, wenn hier vom Land des blauen Goldes die Rede ist. Es ist der Schiefer – der dem südöstlichsten Gebirgszipfel Thüringens auch seinen Namen gibt. Zwischen den Wäldern des Rennsteigs und den Burgen entlang der Saale erinnern idyllische, mit Schiefer gedeckte Dörfer an die glorreichen Zeiten des Bergbaus. Und die fjordähnliche Mittelgebirgslandschaft schreit geradezu danach, mit dem Mountainbike erkundet zu werden.

Gustavs Ruh. So heißt der Gedenkstein, an dem ich stehe, mit prächtiger Aussicht auf den Hohenwarte-Stausee und seine mächtige Talsperre. Pittoreske kleine Buchten inmitten sattgrüner Waldlandschaft mit bewachsenen Felsen breiten sich unter mir aus. "Ein bisschen Skandinavien mitten in Deutschland", schießt es mir durch den Kopf. Doch genug geträumt. Rauf aufs Bike und Dämpfer auf. Die erste Singletrail-Abfahrt des Tages wartet. Von der Lichtung tauchen wir ein in die Tiefen des Thüringer Waldes. Schnell, steil, aber auch kurvig verwöhnt gleich der erste Abschnitt mit viel Fahrfluss – bis uns ein paar Spitzkehren hinab zum Waldhotel Stauseeblick ausbremsen, aber auch fahrtechnischen Kick bieten. Der kurzweilige Beginn der Tour macht hungrig auf mehr Trails im Saaletal. Und so heißt es wieder "Kette links", der nächste Anstieg zum Mooshäuschen bringt die Waden in Wallung. Die Schutzhütte trägt ihren Namen, weil Wanderer traditionell ein Stück Moos mitbringen, um es in die Ritzen der Holzbalken zu stecken. Die innen dermaßen verkleidete Schutzhütte wird des Öfteren von possierlichen Siebenschläfern als Schlafstätte genutzt. Leider zeigt sich heute keines der eher nachtaktiven Tiere.

Urlaub am Thüringer Meer

Ob mit oder ohne Nager, Sebastian hatte zu Tagesbeginn nicht zu viel versprochen. "Knackige Runde" durch Deutschlands größte Stauseeregion kündigte unser drahtiger Guide an. Und tatsächlich entpuppt sich dieses Mittelgebirge als erstaunlich höhenmeterreich. Die Gipfel sind teils um die 800 Meter hoch, während die Saale nur auf rund 300 Metern liegt. Da kann auf einer Tagestour einiges zusammenkommen!

Wir rollen nun aber genüsslich auf breiten Feldwegen am Hang zum Campingplatz Portenschmiede. Jetzt sind wir angekommen im Naherholungsgebiet am Thüringer Meer, wie die Ansammlung der fünf Stauanlangen genannt wird. Campervans und Bungalows säumen die Ufer. Sportboote kreuzen den See. Die Wasserski-Strecke lässt Sportlerherzen höher schlagen. Leider gönnt uns Sebastian fürs kühle Nass keine Zeit und wir queren auf einem Forstweg zum Bockfelsen. Der aus Schiefergestein bestehende Felsvorsprung öffnet einen beeindruckenden Blick auf das Band der Saale. Hier ist ein Fotohalt Pflicht – auch für Nicht-Influencer.

Trailguide Thüringer Schiefergebirge
Adrian Greiter
Absolute Klassiker der Thüringer Küche und fraglos echtes Power-Food: Roulade, Rotkohl mit Klößen oder – etwas leichtere Kost – Soljanka.

Weiter führt uns ein wunderschöner Singletrail entlang der Wasserlinie zur Linkenmühle, deren schattiger Biergarten zur Pause bei Thüringer Küche einlädt. Nach einem furchtbar leckeren, aber nicht ganz idealen Sportlermahl – halbe Ente mit Rotkohl und Klößen – mag ich kaum noch aufs Bike steigen. Meine Trägheit erholt sich schon gar nicht, als Sebastian dezent darauf hinweist, dass wir erst die Hälfte der Tour bestritten haben. "Wir müssen zahlen, in zehn Minuten legt die Fähre ab", ruft er. Ich blicke ihn verwundert an: Fähre? Ja, wenig später setzen wir mit Thüringens einzigem dieser Exemplare, der Mühlenfähre, nach Altenroth über. Gerade einmal wir drei Radler und zwei Autos finden an Bord Platz, fünf Minuten dauert die Überfahrt auf der 400 Meter breiten Wasserstraße. Angekommen in Altenroth, geht es wieder im gewohnten Stil dieser Tour aufwärts zur Hemmkoppe: nicht lang, aber steil und zehrend. Doch der Trail hinab nach Ziegenrück entschädigt die Mühen: Über Waldboden, grobe Steine, Felsen und ein paar Spitzkehren zieht dieser im perfekten Gefälle zum Bogen der Saale. Noch einmal fahren wir bergauf Richtung Reißerts Ruh, wo wir einen letzten Weitblick über die Saaleschleife genießen. Dann geht es über Forst- und Feldwege, vorbei an Teichen und durch malerische Orte zurück nach Bucha.

Nach so viel Biken an der blauen Saale begeben wir uns am nächsten Tag auf die Spuren des blauen Goldes. Die Wege sollen uns durch Naturparkgebiete, die vom Schiefergestein und dem damit verbundenen Bergbau geprägt sind, führen. Startpunkt ist das Hotel "Am Rennsteig" in Wurzbach. Auf dem Rennsteig, einem der bekanntesten Höhenwanderwege Deutschlands, und den Spuren der Schiefergebirgs-Trophy kurbeln wir zum höchsten Punkt der Umgebung, dem 792 Meter hohen Wetzstein, der wiederum den imposanten Altvaterturm beherbergt. Dieses 35,8 Meter hohe Gebilde mahnt die Vertreibung der Sudetendeutschen an und stellt eine Nachbildung der Habsburgwarte dar, die bis ins Jahr 1959 im Altvatergebirge in Schlesien gestanden hatte. Gedenktafeln in den Außennischen des Turmes arbeiten die (Nach-)Kriegszeit auf und preisen ein friedliches und freies Zusammenleben in Europa. Mit gemischten Gefühlen verlasse ich den Ort.

Mir schießen die Erzählungen meiner Großeltern durch den Kopf, die als Sudetendeutsche ihre Heimat verlassen mussten. Welch ein Privileg, dass meine Generation von solchen Gräueln verschont war und wir unbeschwert unsere Fahrt zu den Schieferhalden rund um Lehesten fortsetzen können. Der nächste Streckenabschnitt an der ehemaligen innerdeutschen Grenze erinnert aber erneut an grausame Zeiten: Das "grüne Band" zieht sich in 50 bis 200 Meter Breite fast 1400 Kilometer durch Deutschland, welches es 40 Jahre lang als "Todesstreifen" in zwei Länder teilte. Wir fahren über Beton-Lochplatten, auf denen einst die DDR-Grenzposten patrouillierten. Achtsam müssen wir steuern, um nicht in den Löchern, die einst die Flucht per Motorrad oder Fahrrad erschweren sollten, hängen zu bleiben. Inzwischen holt sich die Natur die Grenzzone mehr und mehr zurück, dennoch atmen wir auf, als wir das Band verlassen.

Trailguide Thüringer Schiefergebirge
Adrian Greiter
Im Bergwerk Kamsdorf darf man den Ausdruck „Einfahren“ wörtlich nehmen.

Wenig später stehen wir am Denkmal "Historischer Schieferbergbau Lehesten". Hier kann man die altehrwürdige Tradition des thüringisch-fränkischen Schieferbergbaus erleben. In der Hauptsaison zeigen Führungen die Abbau- und Verarbeitungstechniken des einst größten Schiefertagebaus des europäischen Festlandes. Uns wird heute leider keine Führung angeboten, und so erkunden wir per Bike und anhand von Infotafeln die Anlage. Plötzlich erreichen wir einen 45 Meter tiefen, blau-grünen See. Das Tagebaurestloch hat sich in ein Gewässer verwandelt und bietet mit den angrenzenden Schieferhalden, Wiesen und Wäldern ein Refugium für seltene Tier- und Pflanzenarten.

Wir verlassen dieses Kleinod und kurbeln bergauf nach Brennersgrün, um dort auf den ursprünglichen Rennsteig zu gelangen. Brennersgrün ist ein Paradebeispiel für das jahrhundertealte Handwerk der Schieferdecker mit kunstfertigen Dacheindeckungen und Fassadengestaltungen. Für uns geht es weiter auf dem Kamm bis nach Rötterdorf, wo das würdige Finale unserer Tour wartet: ein lässiger Wurzel-Trail zurück zum Hotel in Wurzbach.

Auch an den folgenden Tagen im Thüringer Schiefergebirge biken wir immer wieder als Zeitreisende der deutschen Geschichte. Und egal, ob im Saaletal oder auf den Spuren der Bergbau- und Schiefertradition: Es wimmelt nur so von fabelhaften Trails im Thüringer Wald. Die Abfahrten sind eher kurz, die Anstiege dafür knackig. Auch die überbordende Natur um das fjordähnliche Thüringer Meer sowie die geschichtsträchtigen Wegpunkte lassen die Touren sehr kurzweilig erscheinen – ein Stück deutsche (Mountainbike-)Kultur!

Die aktuelle Ausgabe
04 / 2024
 04 / 2024

Erscheinungsdatum 05.03.2024