MTB-Trailguide: Fränkische Schweiz
Biketouren in Oberfranken

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Bizarre Felsen, versteckte Pfade, verwunschene Burgen und gelassene Bierseligkeit – Mountainbiken in Oberfranken und in der Fränkischen Schweiz ist der Knaller! Profi-Bikerin Julia Hofmann aus Lichtenfels verrät ihre Lieblingsstrecken.

Biketouren in Oberfranken
Foto: Christian Penning

Infocenter Trailguide Fränkische Schweiz:

Lage & Charakter: Die Fränkische Schweiz und der Oberfränkische Jura erstreckt sich etwa in einem Dreieck zwischen Erlangen, Lichtenfels und Pegnitz. Markant-spektakuläre Steinformationen prägen die mittelgebirgsartige Fels- und Hügellandschaft.

Info: Franken Tourismus, Tel. 09 11/94 15 10, frankentourismus.de; Tourismuszentrale Fränkische Schweiz, Tel. 0 91 91/86 10 54, fraenkische-schweiz.com

Beste Reisezeit: Mai bis Oktober Anreise: per Auto aus Richtung Süden: via A9 von München über Nürnberg nach Erlangen. Weiter auf der A73 über Bamberg nach Lichtenfels (260 km/2:45 h). Von Westen: von Frankfurt über die A3 und A73 nach Lichtenfels (245 km/2:45 h). Von Norden/ Osten: von Berlin via A9 an Leipzig und Naila vorbei nach Lichtenfels (370 km/4:30 h).

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Übernachtung: In fast jedem Ort in der Fränkischen Schweiz gibt es Pensionen und Hotels. Bike-Hotels gibt es allerdings nicht. Infos & Buchung bei den TVBs (siehe Info).

Einkehr: Tour 2: Hübner Bräu in Steinfeld/ Stadelhofen (nahe Paradiestal und Kleinziegenfelder Tal), huebner-braeu.de; Tour 3: Held Bräu in

Bikeshops: RADioaktiv Bikeshop in Pegnitz, radioaktiv-bikes.de; Mr. Bike in Lichtenfels, mr-bike.de

Guiding: RADioaktiv Bikeshop in Pegnitz, radioaktiv-bikes.de Trail-On in Forchheim, trail-on.de

Events: Der Franken-Bike-Marathon mit seinen vielen Singletrails steigt jedes Jahr Mitte Juni, frankenbikemarathon.de

Geheimtipps

Ab in die Vertikale! Die Fränkische Schweiz zählt zu den weltweit am besten erschlossenen Klettergebieten. Die Zustiege sind meist kurz und oft per Bike oder auf Wanderwegen machbar. bergsportschule.com

Wasser marsch! Wenn die Beine einen Tag Pause brauchen, sorgen Kanu- & Kajaktouren auf der Wiesent für Perspektivwechsel. Boote, Transfers und alles, was man sonst noch braucht, gibt’s bei Verleihstationen. kajak-mietservice.de, aktiv-reisen.com

Schwitzen & Relaxen: Tiefenentspannen nach der Tour? Dann ist die Obermain Therme in Bad Staffelstein die richtige Adresse. Deren Saunalandschaften zählen zu den besten in Deutschland. obermaintherme.de

Und Action! Abwechslung für die Kids gefällig? Dann nichts wie los zum Erlebnisfelsen Pottenstein! Mit Sommerrodelbahn, Trampolinanlage, Skywalk, Baumkletterpfad, Kletterturm und vielem mehr. sommerrodelbahnen-pottenstein.de

Alle Touren:

Reportagetext:

Und dort drüben: das Matterhorn!„ Nein, diesen Spruch wird man in der Fränkischen Schweiz sicherlich nicht hören. Die Berge messen nur einen Bruchteil der Größe der Zermatter Bergikone. Und man braucht auch keinen Bergführer, um sie zu erklimmen. Steile, imposante Hingucker sind die Jurafelsen trotzdem. Und einen Hauch Alpen bietet die Landschaft allemal. Doch der Reihe nach:

Christian Penning
Die Schweiz im Pocketformat: Im Kleinziegenfelder Tal zeigen die Frankentrails einen fast schon alpinen Charakter.

Unser Schweiztrip durch “Franggen„ beginnt “inallerherrgoddsfrüh„ im äußersten Norden des Frankenjura. In Lichtenfels, eine Autostunde nördlich von Nürnberg. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen durch die Blätter der Bäume vor Julia Hofmanns Haus. Die 34-Jährige ist schon eine Weile auf den Beinen. Sie hat zu tun. Zwei Schweine, Rudi und Roy, dazu ein Pferd. Ein bisschen erinnert Julia mit ihren Zöpfen an Pippi Langstrumpf. “Back dei Graffl und looos!„ ruft Julia in charmant weichem Fränkisch. Wohl in kaum einer anderen Gegend Deutschlands vermögen die Bewohner das R so schön zu rollen wie die Franken. Julia kann das besonders gut. Wenn sie spricht, klingt es, als würde sich Pippi einen Spaß daraus machen, das Alphabet um ein paar Buchstaben zu schrumpfen. Das T wird zum D und damit der Trail zum Drail. Und K und P? Es gibt doch G und B. Ich buchstabier’ mir meine Welt, wie sie mir g’fälld! “Graffl„ ist in Franken übrigens nicht nur Gerümpel, sondern beschreibt ganz einfach Zeugs, was man so braucht. Equipment sozusagen. Damit unterm Arm kommt der Dan die Treppe herunter. “Etzadla!„ meint Julia augenzwinkernd zu ihrem Mann Daniel Schäfer. Wörtlich übersetzt heißt das “jetzt„, frei übersetzt: “Schwing die Hufe!„ Dan entscheidet sich als Oberbayer für “Back’ ma’s!„

Christian Penning
Ein Trail im Kornfeld: Ob im Wald, über Wiesen oder durch Täler – Spaß ist auf den Franken-Trails Trumpf.

Julia schnappt sich ihr “Roggy„, wie sie ihr Rocky Mountain Instinct liebevoll nennt. Sie will mir heute eine ihrer Lieblingsstrecken zeigen. Bei Trieb, vor den Toren von Lichtenfels, liegt eine der trickreichsten Bike-Marathonstrecken in ganz Deutschland. Die Route des Frankenbike-Marathons führt großteils über Singletrails und ist mittlerweile ganzjährig beschildert. Ein geniales Netzwerk an Pfaden – Julias Hometrails. “Als Kind habe ich mit meinem Pferd Felder und Wälder durchstreift„, erzählt sie, als der Weg zwischen blonden Getreidefeldern an der Friedenslinde in dichten Mischwald führt. “Nicht weit von dem Haus meiner Großeltern liegt ein kleiner Waldweg – mein erstes Stück Singletrail mit dem Bike.„ Seitdem ist Julia viel herumgekommen: Dolomiten, Kanaren, Kanada, USA. “Trotzdem„, sagt sie, “liebe ich es, mich direkt von daheim aus in den Sattel zu schwingen.„

Christian Penning
Hometrails rund um Lichtenfels: Julia und Dan beim Sonntagnachmittagsausflug auf den Spuren des Frankenbike-Marathons.

Etzadla geht die Post ab! Dan tritt in die Pedale gibt mal Zwischengas, Julia hinterher. Bald geht es rauf und runter wie in einer Achterbahn. Und es dauert nicht lange, bis ich im Wirrwarr der Pfade die Orientierung verliere. Egal, läuft ...! Wurzelpassagen, gespickt mit kleinen Sprüngen, wechseln mit flowigen Sektionen, knackige Uphills mit rasanten Downhills. Es wäre nicht schlimm, wenn es aus diesem Labyrinth keinen Ausweg gäbe. Für den Moment jedenfalls. Irgendwann nimmt Julia einen scharfen Abzweig nach rechts. “Hunger?„ fragt sie. “Bärenhunger!„ Schließlich ist es längst Mittag. “Lass uns nach Vierzehnheiligen rüberkurbeln„, schlägt sie vor. Klingt nach Litaneien und Weihwasser. “Ja, dieser Teil Frankens ist sehr katholisch„, nickt Julia mit frommem Blick. Na, denn! Wohin jährlich rund eine halbe Million Wallfahrer pilgern, gibt es sicher auch eine stärkende Brotzeit – und gutes Bier. Also statt in die Basilika mit ihren üppigen Barockkuppeln und -altären lieber in den Wirtsgarten der Brauerei Trunk. Zum weißen Käs’ gibt’s das Nothelfer Bier. Das päppelt seit 1803 mü- de Pilger wieder auf. Und ein “Seidla„ davon hat schon manchen Biker aus dem Unterzucker geholt. Nicht in den Himmel, aber zumindest durch ein Paradies auf Erden führt anderntags der nächste Teil des Franken-Trips. Genauer gesagt, durch das Paradiestal im nördlichen Teil der Fränkischen Schweiz und durch das Kleinziegenfelder Tal nahe Weismain. Jäh fallen die Kalkfelsen bei Kleinziegenfeld ins Tal ab. Dazwischen hangeln sich schmale Pfade, rauf und runter, rauf und runter. Im warmen Abendlicht kommt tatsächlich alpine Stimmung auf. Die Felsen leuchten – beinahe wie Alpenglühen. Die Kalksteinformationen tragen klingende Namen wie Versteinerter Riese, Steinerner Mönch und Betende Nonne. Auf einem der Fel- sen hockt Claudius auf seinem Bike– schon seit über 100 Jahren. Claudius ist eine Radfahrerstatue, die im Laufe der Zeit immer wieder ihr Aussehen verändert hat. Das Geheimnis, wie sie auf den ex- ponierten Felsen gekommen ist, wird wohl nie ganz gelüftet werden. Jedenfalls scheinen Radler schon lange vor der Erfindung des Mountainbikes durch das Kleinziegenfelder Tal pedaliert zu sein. Oder ist Claudius gar der heimliche Ur-Vater der Biker?

Christian Penning
Schweizer Käse: der Rennerfelsen in der Nähe von Burg Rabenstein. Seine überhängende Kalksteinwand ist auch ein beliebtes Testpiece für Kletterer.

Mit Claudio Seitz vom Bikeshop RADioaktiv in Pegnitz kurbeln Julia, Dan und ich tags darauf die steilen Wiesenhänge auf den Hügeln um Pottenstein hinauf. Die langen, trockenen Grashalme in Claudios Hausrevier schimmern golden. Es riecht nach harzigem Kieferholz und Wacholder. Gegenüber thront auf einem markanten Fels die tausend Jahre alte Burg Pottenstein. Eine von über zweihundert in der Fränkischen Schweiz. Mehr gibt es kaum sonst wo in Deutschland. Unterhalb der Burg ducken sich romantische Fachwerkhäuschen. Das hier ist fast mehr verwunschene Märchenkulisse als Bike- und Burgenland. “Heute kommen die Ritter auf ihren Carbon- und Alu-Rössern„, lacht Julia. Pottenstein ist das Herz der Fränkischen Schweiz. Zahllose Pfade und Flussläufe bilden die Arterien, die für pulsierendes Leben sorgen. Was vor 160 Millionen Jahren aus Korallenriffen und Unterwassergebirgen entstanden ist, entpuppt sich heute als das Paradies auf Erden für Kletterer. An 800 Felsen gibt es weit über 10 000 gebohrte Routen zum Sportklettern. Wow!

Christian Penning
Inmitten des Zauberwaldes: bizarre Felsen in Moosmänteln, knorrige Bäume und gurgelnde Wasserläufe im oberen Püttlachtal.

“Was für die Kraxler Überhänge, Bierhenkel und Fingerlöcher, sind für uns Biker die Trails zwischen den Felsen„, meint Claudio und schwingt sich den Pfad hinab ins Tal der Püttlach. Doch natürliche Kletterwände sind längst nicht die einzigen Attraktionen entlang der Trails um Pottenstein. Das kaum überschaubare Wegenetz führt in gurgelnde Flusstäler, vorbei an Felsen in flauschig-grünen Moosmänteln – und bisweilen geradewegs hinein in die Hölle. Die Fahrt durchs Dunkel im Schlupflochfelsen im Ailsbachtal nahe der Burg Rabenstein ist nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was die “Fränggische„ an Unterwelt zu bieten hat. Ein Stück weiter in der Ludwigshöhle tut sich hinter einem Spalt in mystischem Licht ein gigantischer Saal mit natürlichen Steinwänden auf. Bayernkönig Ludwig II., der bekanntlich eine Schwäche für ausschweifende Inszenierungen hatte, soll hier 1830 vorzüglich im Kerzenschein diniert haben. Zehn Kilometer südlich kann man in die Dunkelwelt der Pottensteiner Teufelshöhle abtauchen. Die zählt mit ihren bunten Stalaktiten und Stalagmiten zu den imposantesten Tropfsteinhöhlen Europas.

Christian Penning
Zwei Biker für ein Halleluja: Julia Hofmann und Daniel Schäfer holen sich vor der Basilika Vierzehnheiligen den Segen von ganz oben.

Ein Trail am Ufer des Ailsbachs führt zurück nach Oberailsfeld nordwestlich von Pottenstein. “Hier hat fast jedes Dorf eine eigene Brauerei„, schmunzelt Julia, als sie mit Claudio und Dan im Biergarten der Brauerei Held auf die gelungene Tour anstößt. “Welche Brauerei die beste ist, darüber entbrennen wahre Glaubenskriege„, schwadroniert Claudio. Er selbst gibt sich diplomatisch. “Jeder hat hier seinen eigenen Favoriten.„ Doch eines haben fast alle Biere im Frankenreich gemeinsam: “Sie sind eher von der deftigen Sorte: dunkel, erdig, fast wie Brot.„ Auf allerlei “Bierpfaden„ in der Fränkischen Schweiz lässt sich das hervorragend testen. Mittlerweile ist daraus ein regelrechter Tourismuszweig entstanden. Hicks. Doch für den waschechten Oberbayer Dan sind alleine schon die Trails ein Grund, weshalb ihm seine fränkische Zweitheimat immer mehr ans Herz wächst. “Allmächd!„ Es geht eben nichts über die herrlich verschlungenen “fränggischen Drails„. Und hinterher? “Nadürlich a frisches Seidla!„

Christian Penning
Ganz schön deftige Kost!
Christian Penning
Prost Mahlzeit: In der Fränkischen hat fast jedes Dorf seine Brauerei. Die Biergartendichte ist hoch, der Preis für den Boxenstopp erfreulich niedrig.

Pottenstein und seine Tropfsteinhöhle

Beim Anblick des verträumten Städtchens Pottenstein glaubt man kaum, dass sich hier das Tor zur Unterwelt öffnet. Durchs Teufelsloch steigen Furchtlose tief hinein in die Teufelshöhle, die größte der über 1000 Höhlen in der Fränkischen Schweiz.

Das “Tor zur Unterwelt„ – so wird das Höhlenportal der Teufelshöhle bei Pottenstein auch genannt – ist mit seinen 25 Metern Breite und 14 Metern Höhe größer als jedes Mittelklassekino. Wer den größten Eingang aller deutschen Höhlen passiert hat, tritt ein in die wohl schönste Schauhöhle im Lande. Durch typisch fränkisches Kalk- und Dolomitgestein geht es unaufhaltsam hinab in die Dunkelwelt – fast einen Kilometer tief. Dann müssen auch non-klaustrophobe Touristen umdrehen. Die restlichen zwei Drittel der Teufelshöhle sind nur der Wissenschaft vorbehalten. Macht aber nichts, denn alleine der öffentlich zugängliche Teil von Frankens tiefster Höhle beeindruckt mit skurril geformten Stalaktiten und Stalagmiten. Erstere sind von Höhlendecken herabhängende, letztere vom Höhlenboden emporwachsende Tropfsteine. Ein weiteres spektakuläres Relikt aus der fränkischen Unterwelt ist das komplett erhaltene Skelett eines Höhlenbären. Mountainbiker, die einen Schwenk zur Teufelshöhle planen, können sie noch bis Anfang November von 9 bis 16 Uhr 30 besichtigen. In den Wintermonaten bis Ende März ist sie nur sonntags zwischen 11 und 15 Uhr geöffnet. Von den tausend Höhlen zwischen Nürnberg, Bamberg und Bayreuth sind noch die Sophienhöhle bei Burg Rabenstein und die Binghöhle bei Streitberg begehbar. Letztere ist der Familientipp, da es kindgerechte Führungen gibt.

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Erscheinungsdatum 05.03.2024