Kaufberatung MTB-Laufräder - MountainBIKE klärt alle wichtigen Fragen
Die 13 wichtigsten Fragen rund ums Laufrad

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MB 1213 Laufräder im Test Teaserbild
Foto: Benjamin Hahn

1. Wann brauche ich denn ein neues Laufrad?

Vor allem dann, wenn Ihr altes Laufrad den Geist aufgegeben hat. Doch vor dem Neukauf sollten Sie im Radladen nachfragen, ob nicht doch eine Reparatur möglich ist. So kostet der Ersatz einer gebrochenen Speiche samt Arbeitsaufwand nur günstige 10 Euro oder wenig mehr. Teurer wird es bei deformierten Felgen, je nach Arbeits- und Materialaufwand kann die Reparatur mit bis zu 150 Euro zu Buche schlagen – das lohnt nur, wenn hochwertige Naben verbaut sind. Hier sollten Sie abwägen, ob sich ein Neukauf anbietet.

Ein weiterer Grund für die Anschaffung eines neuen Laufrades ist Tuning. Kaum ein Bauteil am Rad hat so viel Einfluss auf die Performance wie das Laufrad. Denn: Bei jedem Antritt muss diese rotierende Masse neu bewegt werden – der Experte spricht von Massenträgheit. Einmal beschleunigt, ist es zwar egal, wo am Bike das Gewicht steckt, aber ein leichtes Rad ist weniger träge: Das bringt Glücksgefühle bei Sprints und bei schnellen Richtungswechseln auf dem Trail. Jedoch darf die Stabilität des Laufrads nicht unter dem Leichtbau leiden. Für Racer ist es wichtig, dass sich die Wheels bei harten Antritten nicht verwinden, Enduro-Biker legen Wert auf Spurtreue im groben Gelände. Es kommt also auf den richtigen Kompromiss aus Leichtbau und Stabilität an.

2. Wie erkenne ich das passende Maß für mein Rad?

MB Laufradtest Größentabelle
Laufradtest Größentabelle

Das Laufradmaß wird wie die Reifen im MTB-Bereich meist in Zoll angegeben: Der Wert entspricht dem Circa-Außenumfang des Rades inklusive Reifen. Hierdurch entstand auch die eigentlich unsinnige Bezeichnung 29„ – eine Twentyniner-Felge ist nämlich genauso “groß„ wie eine 28“-Felge am Renn- oder Trekkingrad. Exakter ist die zusätzlich angegebene ETRTO-Angabe, die den Außendurchmesser der Felge in Millimeter beziffert (s. Tabelle). Das französische Maß ist alt, kam wegen 27,5„ (=650B) aber noch einmal zu Ehren.

Apropos: Durch 27,5“- und 29„-Bikes hat die Vielfalt im MTB-Segment extrem zugenommen. Möchten Sie ein neues Laufrad kaufen, müssen Sie das Maß wählen, das bereits in Ihrem Bike verbaut ist. Ein 29“-Laufrad passt nicht in einen Rahmen, der für 26„ konstruiert wurde. Wenn Sie dennoch die Vorteile der größeren Laufräder nutzen möchten, können Sie theoretisch an der Front ein größeres Laufrad verbauen. Dazu brauchen Sie dann jedoch eine neue, passende Gabel, die Mehrkosten von bis zu 1000 Euro mit sich bringt. Außerdem sollten Sie beim Bike-Hersteller nachfragen, ob der Rahmen auf die größeren Hebelwege ausgelegt ist, und beachten, dass sich die Geometrie verändert.

3. Wie teuer muss/darf ein Laufradsatz sein?

Die Preisunterschiede bei Laufrädern sind gewaltig. Der Markt bietet von günstigen Laufrädern ab 140 Euro aus dem Versandhandel bis zu sündhaft teuren Carbon-Wheels für knapp 3000 Euro ein breites Sortiment. Doch wie groß ist der Nutzen eines superleichten und damit teuren Laufrads wirklich?

Racer, die auf der Rennstrecke um jede Sekunde kämpfen und ein perfektes Gewicht-Steifigkeit-Verhältnis suchen, sind sicher bereit, viel Geld zu investieren. Der Test von 29er-Race-Laufrädern zeigt aber, dass auch Räder um 1000 Euro mit hochwertigen Naben und Speichen top Leistungsmerkmale aufweisen – selbst ohne Carbon-Felgen.

Wer sein Bike eher für die Feierabendrunde nutzt und am Wochenende mit Freunden auf Tour geht, der findet unter 500 Euro ausgereifte Laufradsätze mit sehr gutem Kompromiss aus Gewicht und Steifigkeit. Gelegenheits-Biker müssen gar nicht mehr als 250 Euro investieren, denn schon in dieser Preisklasse gibt es ausreichend leichte und sehr stabile Laufräder.

4. Lohnt sich ein Kauf im Internet-Versandhandel?

Beim Laufradkauf im Internet gelten die typischen “Gesetze„ des Online-Shoppings: Wer sich mit der Materie auskennt und genau weiß, was er sucht, findet unschlagbar günstige Angebote. Doch im Laufradsegment ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten: Drei Laufradgrößen, bis zu sechs unterschiedliche Einsatzzwecke und sieben verschiedene Achsstandards führen schnell zum Fehlkauf – und lösen dann eine Welle aus Hin- und Rückversand aus. Auch bei Servicefällen wie zum Beispiel einem Speichenbruch sind Sie bei Ihrem fachkundigen “Local Dealer„ zumeist in besseren Händen.

5. Welches Laufrad ist für meinen Einsatzzweck geeignet?

MB Laufradtest - Reifenbreite
Laufradtest - Reifenbreite

Kurz gesagt: Je rabiater Ihr Fahrstil und je gröber das bevorzugte Gelände, desto stabiler sollte Ihr Laufrad sein. Stabil muss nicht zwingend schwer bedeuten, hochwertige Materialien und ein sorgsamer Aufbau ermöglichen leichtgewichtige, gleichzeitig steife Räder – zum meist höheren Preis. So oder so werden Marathonbiker in erster Linie auf das Gewicht des Laufrades schauen, dürfen aber die Stabilität nicht außer Acht lassen. Im Test wogen die 29“-Räder von Bontrager, Industry Nine, American Classic, Tune und Whizz Wheels keine 1500 Gramm, aber nur die drei letztgenannten überzeugten auch in Sachen Steifigkeit.

Umgekehrt kommt es bei All-Mountain- und Enduro-Piloten mehr auf Spurtreue und Stabilität an, dennoch sollte das Gewicht nicht vernachlässigt werden. Vor allem DT Swiss und Ritchey beweisen im 27,5„-Testfeld, dass ein zugleich leichter (um 1600 g) und stabiler Laufradsatz möglich ist. Entscheidend für die Laufradwahl ist auch die Reifenbreite. Fahren Sie gerne breite Schlappen? Dann benötigen Sie eine ausreichend breite Felge. Die Tabelle gibt Ihnen einen Überblick, welche Kombinationen aus Reifen und Felgenbreite sinnvoll sind.

6. Brauchen schwere Fahrer besonders stabile Laufräder?

Fast alle Hersteller im Test geben für ihre Laufräder Gewichtslimits an. Diese beziffern das Systemgewicht, also Biker plus Bike, und sind von MountainBIKE in den Testbriefen aufgeführt. In vielen Fällen ist bei 110 Kilo Schluss, im Race-Segment schon oft bei 85 oder gar 80 Kilo! Ein Grund für den Richtwert ist, dass die Laufräder bei der erhöhten Belastung durch einen schweren Fahrer von diesem als zu weich empfunden werden. “Eine Gefahr für den Biker durch einen Laufradkollaps ist jedoch unwahrscheinlich„, weiß Laufradexperte Haider Knall.

Dennoch sichern sich die Hersteller mit der Gewichtsbeschränkung auch gegen Gewährleistungsansprüche ab. Für Fahrer mit über 100 Kilo Eigengewicht ist es daher ratsam, einen Laufradbauer aufzusuchen. Dieser hat die Möglichkeit, besonders stabile Felgen zu verwenden oder kann durch Binden und Verlöten der gekreuzten Speichen mehr Stabilität ins Laufrad bringen. Wer dennoch etwas (Laufrad-)Gewicht sparen will, dem empfiehlt Experte Knall, hinten eine stabile Felge und vorne eine leichtere der gleichen Marke verbauen zu lassen.

7. Welche Achssysteme gibt es und was muss ich beachten?

MB Laufradtest - Achsdimensionen
Laufradtest - Achsdimensionen

Bei neueren hochwertigen Bikes haben Steckachssysteme den klassischen Schnellspanner mit 9-/10-mm-Achse verdrängt. Standard sind derzeit Steckachsen mit 12 mm Durchmesser und 135 mm oder 142 mm Breite am Heck (150 mm Breite nur bei Downhill-Bikes). Vorne sind 15 mm Durchmesser und 100 mm Breite die Regel, im Enduro/Freeride-Segment findet man zudem extrastabile 20-mm-Achsen mit 110 mm Breite.

Beachten Sie, dass die Naben zu den Achsstandards Ihres Bikes passen müssen! Hochwertige Naben können via Adapter aber oft sogar werkzeuglos umgebaut werden. In der Tabelle finden Sie einen Überblick aller Achsdimensionen. In den Testberichten sehen Sie, welche Versionen der Hersteller anbietet.

8. Ist jedes Laufrad mit jeder Scheibenbremse kompatibel?

MB 1213 Laufräder - Frage 8
Benjamin Hahn

Vereinzelt bietet der Markt noch Laufräder für Felgenbremsen an, doch das Gros der Bikes kommt heute mit Scheibenbremsen. Klar, dass MountainBIKE ausschließlich Räder für Discbrakes in den Test nahm. Doch auch bei den Disc-Aufnahmen gibt es Unterschiede.

Beim IS-Standard (Bild re.) wird die Scheibe mit sechs Schrauben an der Nabe befestigt, der von Shimano im Jahr 2003 eingeführte Centerlock-Standard (Bild li.)ermöglicht die Montage über einen großen Schraubring, der mit dem Kassettenwerkzeug oder bei Steckachsnaben mit dem Tretlagerwerkzeug angezogen bzw. gelöst wird.

Achtung: Centerlock-Naben bieten über einen Adapter die Möglichkeit, 6-Loch-Scheiben zu befestigen, die Montage von Centerlock-Scheiben auf Naben mit IS-Standard ist hingegen nicht möglich! Die Testberichte verraten, welche Befestigungsart die einzelnen Hersteller anbieten.

9. Welche Einspeichtechniken gibt es? Und welche Speichen?

MB 1213 Laufräder - Frage 9
Benjamin Hahn

Zwar werden mittlerweile viele Laufräder von Maschinen gefertigt, dennoch gibt es etliche Laufradbauer, die diese Handwerkskunst aus Überzeugung betreiben. Vor allem Profisportler schätzen die Erfahrung des Experten und setzen vornehmlich auf von Hand eingespeichte Räder. Der Laufradbauer kennt alle gängigen Einspeichtechniken und kann abwägen, welche Technik er für den jeweiligen Einsatzzweck verwendet.

Bei radial eingespeichten Laufrädern (Bild, Nr. 1) verlaufen die Speichen direkt zur Felge, sind dadurch kürzer und sparen somit Gewicht. Beim oft verwendeten zwei- oder dreifach gekreuzten Verfahren (Nr. 2) kreuzen die Speichen auf ihrem Weg zur Felge zwei oder drei Mal die benachbarten Speichen. Der Vorteil: Brems- und Antriebskräfte können durch die tangentiale Speichenstellung besser aufgenommen werden. Die Vierfach-Kreuzung wird selten angewandt, da eine große Speichenanzahl nötig ist. Die Wahl der Speiche hängt stark vom Preis ab. Im Bild unten finden Sie einen Überblick über gängige Speichentypen (Beschreibung der einzelnen Typen v.l.n.r.).

10. Systemlaufrad oder konventionell eingespeichtes Rad?

Viele Serienhersteller verwenden Systemlaufräder. Komponenten wie Nabe, Speichen und Felge sind so aufeinander abgestimmt, dass ein optimaler Kraftfluss entstehen soll. Um Gewicht zu sparen, setzen die Laufradkonstrukteure meist auf eine geringere Speichenanzahl, auch Alu-Speichen kommen zum Einsatz (Mavic, Industry Nine). Zudem werben Systemlaufräder auch durch ihre ungewöhnliche Optik um Kunden.

Der Nachteil ist, dass die Ersatzteilversorgung unterwegs nicht gesichert ist. Wer gerne Mehrtagestouren in den Alpen unternimmt oder mit dem Bike in ferne Länder reist, sollte auf ein konventionelles Laufrad setzen. Dieses enthält je nach Aufbau 28 oder 32 Speichen, die überall erhältlich sind. Zudem beweisen die Ergebnisse dieses Tests, dass konventionelle Laufräder mindestens so leicht bzw. steif sind wie Systemlaufräder.

11. Gibt es Unterschiede bei den Naben und Freiläufen?

MB 1213 Laufräder - Frage 11
Benjamin Hahn

Rechts an der Hinterradnabe sitzt der Freilaufkörper, der die Kassette aufnimmt. Aufnahmen für 8/9/10-fach-Kasssetten (Bild A) sind derzeit Standard. Für Sram-11-fach-Kassetten bieten viele Hersteller ein Umrüstkit (B). Freiläufe müssen die Antriebskraft auf das Laufrad übertragen. Klassischerweise geschieht dies über mehrere Klinken (C), die in die Verzahnung im Nabenkörper greifen: Hört der Fahrer auf zu treten, klappen die Klinken ein und gleiten über diese Verzahnung. Üblich sind zwei bis sechs Klinken – viele Klinken sollen den Kraftfluss beim Antritt verbessern. DT Swiss bietet ein fein verzahntes Ratschensystem (D), das ebenfalls spielfreien Kontakt zur Nabe hält.

Im Inneren der Nabe befindet sich zudem die Lagerung. Je hochwertiger das Lager, desto leichter dreht sich das Rad. Viele Hersteller setzen auf gekapselte Industrielager, die nur durch den Fachmann ausgetauscht werden können – erfahrungsgemäß aber sehr lange halten. Shimano verbaut Kugellager, die auch von Hobbyschraubern gewartet werden können. Mehr als zwei flache Maulschlüssel und etwas Geduld benötigt es dafür nicht. Äußerlich unterscheiden sich die Nabenkörper nur geringfügig. Einzig am Flansch verfolgen die Hersteller verschiedene Philosophien: Naben, die gerade Speichen aufnehmen, stressen den Speichenkopf im Idealfall weniger und sollen so Speichenbrüche verhindern. Bei sachkundigem Aufbau sind aber auch klassische, gekröpfte Speichen hoch belastbar.

12. Lohnen sich teure Carbon-Felgen?

Carbon kommt im Laufradbau bei Felgen, selten auch bei Nabenkörpern zum Einsatz – zum exorbitanten Preis. In diesem Test liefert nur Roval ein Laufrad mit Carbon-Felge für relativ günstige 1199 Euro. Bei anderen Herstellern kosten Sätze mit Carbon-Felge gerne mal 2000 Euro und mehr. Das bessere Gewichts-Steifigkeits-Verhältnis, das Carbon bei optimaler Verarbeitung ermöglicht, bringt jedoch Vorteile gegenüber Alu – vor allem Profis schwören daher auf Kohle.

Aber: Carbon-Felgen sind, wenn sie etwa nach einem Durchschlag beschädigt sind, irreparabel und extrem teuer zu ersetzen. Verbeulte Alu-Felgen lassen sich hingegen grob mit einer Zange richten. Viele Hersteller bieten für ihre Carbon-Felgen daher ein Crash-Replacement an.

13. Welcher Felgentyp eignet sich für Tubeless (schlauchlos)?

MB Laufradtest Felgentypen
Benjamin Hahn
Laufradtest Felgentypen

Prinzipiell kann jede Felge auch ohne Schlauch gefahren werden – für geringeren Rollwiderstand und höheren Pannenschutz. Felgen mit Speichenlöchern (Bild li.) benötigen dafür ein spezielles Felgenband, das die Löcher abklebt und mit dem Reifen bündig abschließt. “Dichtmilch„ dichtet den Reifen und die undichten Stellen im System ab. Am besten funktioniert dies in der Regel mit Reifen und Felgen, die speziell dafür optimiert sind (“Tubeless-ready„).

Nach circa drei Monaten muss die Milch erneuert werden. Einige Felgen besitzen ein geschlossenes Felgenbett (Bild re.) und eignen sich ohne Felgenband zur Tubeless-Montage. Mavic entwickelte in Zusammenarbeit mit Michelin “UST„, das Universal System for Tubeless. UST-Felgen halten nur mit UST-Reifen auch ohne Milch dicht, da die (schwerere) Karkasse des Reifens luftundurchlässig ist und der Reifenwulst passgenau sitzt.

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Erscheinungsdatum 02.04.2024