MB hat zum großen Gabeltest geladen und den aktuellen Weichmachern zwischen 100 und 160 mm Federweg auf den Holm gefühlt.
MB hat zum großen Gabeltest geladen und den aktuellen Weichmachern zwischen 100 und 160 mm Federweg auf den Holm gefühlt.
Federgabeln zählen längst zur Grundausstattung jedes Mountainbikes. Aus gutem Grund: Sie sorgen im Gelände für Komfort und schonen somit die Kräfte des Fahrers. Zudem erhöhen die Stoßfänger deutlich die Sicherheit, mildern Fahrfehler und erhöhen die Reifentraktion erheblich. Aber: Gabel ist nicht gleich Gabel.
Ganz im Gegenteil: Moderne Federgabeln sind wahre Spezialisten – konzipiert für einen bestimmten Einsatzbereich. Sie bieten unterschiedliche Federwege und Features, weichen bei Feder- und Dämpfungs-Charakteristik deutlich voneinander ab. Die beiden Extreme: Während Racer leichte und vortriebseffiziente Gabeln bevorzugen, legen Enduristen vor allem Wert auf Steifigkeit und viel Federweg.
Nicht nur Biker, die eine Gabel nachrüsten möchten, müssen sich mit der komplexen Thematik beschäftigen, auch bei der Anschaffung eines Komplettbikes zählt die Federgabel zu den kaufbestimmenden Parts. Sie trägt einen wesentlichen Teil zur Fahrperformance bei und beeinflusst zudem die Systemsteifigkeit und das Gesamtgewicht.
Um Ihnen die Auswahl zu erleichtern, hat MB 20 aktuelle Modelle von 100 bis 160 Millimeter Federweg getestet und analysiert. Das Testfeld beinhaltet sechs Race-, drei Touren-, sechs All-Mountain- und fünf Enduro-Gabeln.
Neben einem aufwendigen Praxistest mussten sich die Weichmacher auch einer Laborprüfung unterziehen, wo neben Gewicht und Steifigkeiten auch die jeweilige Federkennlinie ermittelt wurde.
Jedes Gramm zu viel oder heftiges Geschaukel im Wiegetritt kosten Kraft und Zeit. Starrgabel? Natürlich nicht. Auch Rennfahrer wollen Komfort auf Wurzelteppichen und benötigen Grip in der Kurve. Die goldene Mitte aus Vortriebseffizienz und Komfort ist deshalb die deutlich bessere Wahl. Diesen Mittelweg erfüllen aktuelle 100-mm-Gabeln am besten.
Praktisch erweisen sich dabei Lockout-Hebel am Lenker. In ruppigen Passagen nutzt der Fahrer so den vollen Federweg, um Bodenunebenheiten zu glätten, für effiziente Sprints aktiviert er den Lockout-Modus, ohne dabei die Hand vom Lenker zu nehmen.
Aber nicht nur Racer, sondern auch eingefleischte Hardtail-Fahrer profitieren von der ausgereiften Technik und den praktischen Features der 100er-Gabeln. Die Kurzhub-Modelle passen ideal zum Fahrprofil eines heckstarren Bikes und lassen sich meist auch in ältere Rahmen nachrüsten – falls sich der finanzielle Aufwand lohnt.
Zwischen 599 und 1099 kosten die sechs getesteten Top-Modelle der jeweiligen Hersteller. Und auch in Sachen Gewicht differieren die Gabeln um fast 500 Gramm – eine Welt im Race-Bereich. Die untere Gewichtsgrenze setzt die XC 100 Race von DT Swiss mit schlanken 1241 Gramm. Ein Top-Wert, der allerdings etwas auf Kosten der Steifigkeit geht. Die bereits auf der Eurobike angekündigte neue Gabelserie von DT Swiss mit Federwegen zwischen 100 und 150 Millimeter war zum Testzeitpunkt leider noch nicht verfügbar.
Das obere Ende beim Gewicht markiert in der 100er-Klasse hingegen die Axon ELD von Suntour. Das hohe Gewicht liegt vor allem an Steuerung und Batterie, die der elektronische Lockout benötigt. Dieser funktioniert zwar einwandfrei, kann aber den Gewichtszuwachs nicht rechtfertigen.
Die Durin Race von Magura gefällt im Vergleich zum Vorgänger mit deutlich verringerten Bedienkräften für den Lockout-Hebel. Die ebenfalls angepasste Druckstufendämpfung sorgt für eine sehr gute Gesamtperformance.
Auch Manitou änderte an der R7 MRD die Druckstufe, um vormalige Qualitätsprobleme in den Griff zu kriegen. Ob das gelingt, muss der Dauertest zeigen. In Sachen Performance konnte die neue Gabel mit der Vorgängerin nicht ganz mithalten.
Effizienter Vortrieb lautet das Motto der SID Worldcup von Rock Shox. Die Gabel bringt dank Unterstützung durch ihre Schaft-Krone-Einheit aus Carbon nur wenig auf die Waage und zeigt sich auf den Trails von der straffen Seite.
Mehr Komfort bietet die Fox F100 mit neuer FIT-Dämpfungstechnik. Die Federwegnutzung hat sich im Vergleich zum Vorgänger verbessert. Das beste Gesamtkonzept bringt den Amerikanern den verdienten Testsieg.
Zwei bis drei Zentimeter mehr Federweg hört sich nach wenig an, führt aber in der Praxis zu deutlich spürbaren Unterschieden.
Moderne Tourengabeln schlucken Stöße nicht nur effizienter als Race-Gabeln, sondern bieten bei gelegentlichen Abstechern ins verblockte Terrain auch spürbar mehr Reserven. Vorrichtungen zur Absenkung des Federwegs sind bei dieser Einbaulänge noch nicht nötig.
Das kommt nicht nur der Zuverlässigkeit zugute, sondern spart zudem Gewicht. Denn Leichtbau spielt auch im Tourenbereich eine wichtige Rolle, schließlich zehren die langen Anstiege, etwa beim Alpencross, an der Substanz.
Auch an Racern geht der Trend zu mehr Federweg nicht spurlos vorüber. Viele Marathonfahrer rauschen auf anspruchsvollen Rennstrecken lieber mit 120 statt mit 100 Millimeter über Stock und Stein, vor allem um durch mehr Komfort Kraft zu sparen.
In der noch jungen Kategorie moderner Tourengabeln gibt es noch nicht die große Vielfalt an hochwertigen Gabeln wie etwa bei Race oder All-Mountain. Das Testfeld umfasst deshalb lediglich drei Modelle – die drei wichtigsten Vertreter für ambitionierte Tourenfahrer.
Fox schickt mit der 32 F120 RL die günstigere Variante ohne neue FIT-Dämpfung ins Rennen – und das mit Erfolg. Die „alte“ Fox kann es nicht nur mit den Kontrahenten aufnehmen, sondern weist diese auch gleich in die Schranken – Testsieg.
Die Reba Team von Rock Shox sticht durch ihre hohe Steifigkeit vor allem in richtig anspruchsvollem Gelände heraus. In Sachen Gewicht trumpft allerdings die Konkurrenz auf.
So wie etwa die Minute MRD von Manitou, die mit 1577 Gramm hauchdünn vor Fox liegt. Gleich wie beim Modell R7, verpasste Manitou auch der Minute die neue Druckstufendämpfung Absolute+. Aber: In anspruchsvollem Gelände konnte die Gabel die Tester dennoch nicht ganz überzeugen.
Bei einem durchschnittlichen Gewicht von rund 1750 Gramm geben die Weichmacher selbst bei Marathons noch eine gute Figur ab, und die Federperformance reicht sogar für den einen oder anderen Abstecher in den Bikepark.
Auch eine Vorrichtung zur Federwegabsenkung findet sich in dieser Klasse bereits auf einigen Modellen. Das macht vor allem dann Sinn, wenn die Gabeln im steilen Alpin-Gelände zum Einsatz kommen. Denn dort neigt die durch die große Einbauhöhe der Gabeln häufig hohe Front zum Steigen.
Es geht noch höher. Fox und Rock Shox geben sich mit 140 Millimeter nicht zufrieden und erhöhen den Federweg um weitere zehn – mit dem Versprechen einer noch besseren Performance.
Fox beweist, dass auch eine Extraportion Federweg in der All-Mountain-Klasse funktioniert. Die Talas FIT 150 nutzt den langen Federweg sehr gut aus und hält auch für gröbere Einsätze noch Reserven bereit. Lediglich bei ganz feinen Stößen sorgt offensichtlich die neue FIT-Kartusche für ein etwas zähes Ansprechverhalten. Den Testsieg kann der neuen Fox aber auch in dieser Klasse keiner nehmen.
Die komplett überarbeitete Revelation von Rock Shox nutzt die Hubverlängerung nicht ganz so gut wie die Fox, setzt sich aber dank hoher Steifigkeit insbesondere im schroffen Gelände richtig in Szene. Das geringe Gewicht schafft die Gabel jedoch nur in der Variante ohne Federwegabsenkungs-Option.
Cannondale bietet die Lefty ab sofort auch für den Nachrüstmarkt für verschiedenste Steuerrohrdimensionen an. Die superleichte Max W/PBR macht nicht nur optisch was her, sondern glänzt auch in der Abfahrtsperformance. Im Uphill zeigte die Einholmige allerdings leichte Schwächen.
Auch Bike-Hersteller Specialized bietet sein Suspension-Sortiment ab sofort für Konkurrenz-Bikes an. Die Future Shock S140 TA glänzt ähnlich wie die Lefty beim Gewicht, lässt sich aber keiner Kategorie richtig zuordnen. In Sachen Performance liegt die Carbon-Gabel zwischen Tour und All-Mountain, für eine reinrassige AM-Gabel fehlen etwas die Reserven.
Marzocchi setzt 2010 auf Titan als Federelement und will damit die Qualitätsprobleme der letzten Jahre endgültig aus dem Weg räumen. Bergab lieferte die 44 RC3 dank stimmiger Federkennlinie eine sehr gute Performance ab. In Sachen Gewicht und Steifigkeit kann die Titan-Version allerdings nicht mit den Luftikussen mithalten.
36 Millimeter dicke Standrohre, Steckachsen mit 20 Millimeter Durchmesser und 160–170 Millimeter Federweg zählen zur Grundausstattung einer waschechten Enduro-Forke. Konstruktive Maßnahmen, die für die nötige Lenkpräzision beim Ritt durchs verblockte Felsenmeer sorgen oder etwa bei schlecht gelandeten Drops schlimmere Konsequenzen verhindern.
Doch bei aller Stabilität und Steifigkeit verliert auch das Gewicht in der Enduro-Klasse nicht völlig an Bedeutung. Enduristen gelten immer noch als spezielle Form der Tourenfahrer. Sie müssen die Berge in den meisten Fällen noch selbst hochstrampeln, um zu den Einstiegen der Traumtrails zu gelangen.
Dass Berghochfahren auch mit 160 Millimeter problemlos funktioniert, beweist Fox mit der 2260 Gramm leichten 36 Talas FIT RC2. Das etwas zähe Ansprechverhalten kompensierte die Gabel mit hoher Steifigkeit und top Verarbeitung.
Deutlich sensibler zeigte sich die 55 RC3 von Marzocchi, die dank Titanfeder mit einer sehr guten Federperformance glänzt. Aber wie bei der 44 zählt auch bei der 55 Gewicht und Steifigkeit nicht zu Stärken.
Auch Rock Shox musste bei seiner Absenkvorrichtung 2-Step an der Lyrik immer wieder Ausfälle beklagen. Die Testgabel machte allerdings keine Probleme, sondern erfreute die Tester vor allem mit super Komfort und einer Vielzahl an gern genutzten Einstellmöglichkeiten.
Die günstige Durolux TAD von Suntour überraschte durch ihre exzellente Feder- und Dämpfungsperformance.
Die hochwertig verarbeitete Vengeance HLR des Dämpfer-Herstellers X-Fusion mahnte durch mechanisches Klacken bei höheren Geschwindigkeiten zur Vorsicht.
DT Swiss: Der Lockout-Seilzug läuft in den Gabelholm und lässt sich nicht einfach mal tauschen.
Fox: Blitzschnell entriegelt der Lockout durch seitliches Drücken. Die Finger bleiben dabei am Griff.
Magura: Der neue Lockout lässt sich mit deutlich geringeren Handkräften als beim Vorgänger bedienen
Rock Shox: Schwarz macht schlank: Leichtbau durch hohle Schaft-Kronen-Einheit aus Carbon.
Suntour: Steuereinheit und Batterie für den elektronischen Lockout stecken im Schaft.
Manitou: Die neue Druckstufendämpfung Absolute+ soll die Qualitätsprobleme des Vorgängers lösen.
Fox: Der Einstellknopf für den Lockout ist ab sofort schwarz und befindet sich an der Oberseite.
Cannondale: Dank unterschiedlicher Schaft-Varianten passt die Lefty jetzt in übliche Steuerrohre.
Specialized: Kohlefaser boomt! Die Schaft-Kronen-Einheit aus Carbon senkt das Gesamtgewicht.
Magura: Bitte mit Gefühl. Das zu schwach dimensionierte Remote-Hebelgelenk brach bei der Montage
Marzocchi: Eine separate Luftkammer unterstützt die Titanfeder und ermöglicht eine Feineinstellung.
Suntour: Der über eine Minischraube geklemmte Seilzug für die Absenkung löste sich regelmäßig.
2-Step: zweistufige Federwegverstellung über Drehknopf (Rock Shox).
Absolute+: sechsstufige Druckstufenregelung inklusive Lockout (Manitou).
Air Spring Preload: zusätzliche Luftkammer zur Titanfeder, die eine Feineinstellung der Federhärte ermöglicht (Marzocchi).
Albert Select+: Lockout mit einstellbarem Losbrechmoment (Magura).
Blackbox-Motion-Control: Druckstufendämpfung mit einstellbarem Lockout, getrennte Low- und Highspeed-Zugstufe (Rock Shox).
Brain: Spezielles Trägheitsventil, das den Durchfluss erst ab einer bestimmten Schlagintensität vom Boden kommend öffnet. Parallel dazu arbeitet eine einstellbare Druckstufendämpfung.
Dual Air: Positiv- und Negativ-Luftkammer getrennt befüllbar (Rock Shox).
Flightcontrol Remote: Stufenlose Federwegverstellung vom Lenker aus (Magura).
Lockout Force Adjust: Lockout mit einstellbarem Losbrechmoment (Fox).
Mission-Control: Einstellbare Low- und Highspeed-Druckstufe, einstellbarer Lockout, getrennte Low- und Highspeed-Zugstufe (Rock Shox).
Remote Travel Adjust: Lockout mit einstellbarem Losbrechmoment (Suntour).
Talas (Travel Adjust Linear Air Spring): Dreistufige Federwegverstellung über Drehknopf (Fox).
Travel Adjust: Zweistufige Federwegverstellung über Drehknopf (Specialized).
Variable Valve Control: Luftkammer, die Druck auf das Öl ausübt, um ein Aufschäumen zu verhindern (Suntour).
Um eine sehr gute von einer schlecht funktionierenden Federgabel unterscheiden zu können braucht es keinen Experten. Viel Erfahrung und Know-how bedarf es hingegen, wenn es darum geht, die feinen, aber entscheidenden Nuancen zwischen hochwertigen Gabeln herauszufiltern und die unterschiedlichen Charakteristiken und bevorzugten Einsatzgebiete zu ermitteln.
Eine Herausforderung, der MB mit aufwendigen Labor- und Praxistests nachkommt. Das sonnige Latsch lieferte beste Testbedingungen für den Praxis-Check. Vier erfahrene Tester jagten die Gabeln über standardisierte Testrunden, die dem gedachten Einsatzgebiet der Gabel entsprachen. Die Strecken beinhalteten verblockte Segmente, Steilstufen, Sprünge, verpackt in Bergauf- und Bergab-Passagen.
Race- und Touren-Gabeln wurden in drei identisch aufgebauten Centurion Backfire getestet, für die All-Mountain- und Enduro-Gabeln standen drei Scott Genius zur Verfügung. Vor jeder Testrunde suchten die Tester das optimale Setup und notierten ihre Erfahrungen dazu. Nach den Testrunden wurden Punkte wie Ansprechverhalten, Komfort und Durchschlagschutz schriftlich festgehalten. Die Praxistests sind die Grundlage für die Gesamtbeurteilung und nehmen entscheidenden Einfluss auf das Gesamtergebnis.
Der anschließende Labortest untermauerte die subjektiven Eindrücke durch objektive Messergebnisse. Hohe Steifigkeit zählt nach wie vor zu den entscheidenden Eigenschaften einer Federgabel. Weiche Gabeln verringern nicht nur die Lenkpräzision in verblocktem Gelände. Sie fördern auch das ungewollte Schleifen der Bremsbeläge an den Scheiben und verringern die Sensibilität der Gabel durch zu starke Verkantungen zwischen Stand- und Tauchrohr.
Je länger die Gabel, umso stärker wirkt sich eine geringe Steifigkeit aus. Die gemessene Brems-, Torsions- und Seitensteifigkeit fließt als eigener Punkt in die Gesamtwertung ein. Neben der Steifigkeit wurde auch die Federkennlinie jeder Gabel ermittelt. Dazu komprimiert ein Pneumatikzylinder die Gabel langsam bis zum Anschlag und misst währenddessen die benötigte Kraft für die jeweilige Einfederposition. Der Computer fügt die jeweiligen Messergebnisse schließlich zu einem so genannten Kraft/Weg-Diagramm zusammen, das auch in den Testbriefen dargestellt ist.
Das Diagramm erlaubt Interpretationen über Ansprechverhalten, Komfort und Durchschlagschutz und dient häufig zum besseren Verständnis der subjektiven Fahreindrücke. Die Kennlinie berücksichtigt allerdings nicht den Einfluss der Zug- oder Druckstufendämpfung und ist deshalb für einige Gabeln nur bedingt aussagekräftig.
Racer, die lieber noch ein paar Gramm sparen wollen und auf eine straffe Kennlinie Wert legen, greifen zu XC 100 Race oder SID World Cup. Für Tourer, die höchste Steifigkeit suchen, ist die Reba die erste Wahl. Beste Lenkpräzision für All-Mountain-Piloten bieten Thor und Revelation. Wer es gerne leicht will, montiert Lefty oder Future Shock S140. Enduristen, die nach maximalen Komfort streben, federn mit der Lyrik am besten. Die beste Fahrperformance fürs Geld bietet die Suntour Durolux TAD.