Bikeparkschreck oder Rowdy-Wunder?
Canyon Torque Mullet CF 8 im Einzeltest

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Bäähm! Mit dem neuen Superenduro will Canyon das perfekte Bike für harte Einsätze geschaffen haben. Stimmt’s? Wir haben es getestet.

Canyon Torque Mullet CF 8 im Einzeltest
Foto: Manfred Stromberg

Das hat uns gefallen:

 extrem stabiles, laufruhiges Bike für harte Einsätze

 bergab exzellent arbeitendes Fahrwerk

 rundum solide, sinnvoll gewählte Parts

Das hat uns weniger gefallen:

 nicht so spritzig bergauf und im Handling

Achtung, hier kommt ein Freudenspender! Mit dem für 2022 neu aufgelegten Torque schielt Canyon nicht auf Rennsiege im Enduro-Zirkus, sondern auf spa orientierte Hardcore-Bikerinnen und Biker. Der beworbene Einsatzbereich des Boliden mit 170–180 mm Federweg reicht vom Enduro-Abenteuer über Freeride-Trips bis hin zur ambitionierten Bikepark-Nutzung – garstige Steingärten, fette Drops und weite Jumps inklusive.

Manfred Stromberg
Steil ist geil! Je heftiger das Gelände – wie hier in Latsch, Südtirol –, desto mehr brilliert das Torque Mullet CF 8 mit extremen Nehmerqualitäten.

Um jedem dieser Ansprüche gerecht zu werden, bieten die Koblenzer gleich eine ganze Armada an Torque-Modellen an. Mal mit Alu-, mal mit Carbon-Rahmen, mit Luftdämpfer oder Stahlfederbein, mit 27,5"- oder 29"-Laufrädern, aber auch im angesagten "Mullet"-Trimm mit 29" vorne und 27,5" hinten. Dabei ist nicht jedes Laufradmaß in jeder Materialgüte erhältlich. Den Mullet-Aufbau gibt es etwa nur mit Carbon-Rahmen, ausschließlich mit Stahlfeder und in nur zwei Ausstattungsvarianten. Das ist die limitierte Spezialedition von Youtube-Megastar Fabio Wibmer sowie das von uns getestete CF 8. Letzteres kommt wie angeführt mit Kohlefaserrahmen und für 4499 Euro – typisch Direktvertrieb – attraktiver Ausstattung. Shimano-XT-Schaltung und -Bremse mit großen 203er-Discs, Fox-Federelemente (38-Performance-Elite-Gabel und DHX2-Factory-Dämpfer), sehr klebrige Maxxis-Reifen, breite DT-Swiss-Laufr der sowie kreuzstabile Canyon-Eigenparts lassen keine Wünsche offen. Dazu bietet das Bike viele nette Details wie einen Flip-Chip zur Anpassung von Sitz-/Lenkwinkel um dezente 0,5 Grad, die im maximalen Hub einstellbare Vario-Sattelstütze oder (bei einem Bike mit "liegendem" Dämpfer nicht selbstverständlich) Platz für eine 600-ml-Trinkflasche – da kann es "out of the box" direkt losgehen!

Unglaublich sattes Fahrwerk

Wobei Letzteres in der Ebene und bergauf gemüchlich passiert. Mit fast 16 Kilo ist das Canyon in Größe M für den Einsatzbereich nicht zu schwer – aber sicher kein Fliegengewicht. Vor allem sind es die höchst robusten, aber gewichtigen DT-R der, die spürbar Körner kosten. In Summe gilt’s, rund 5700 g an rotierender Masse anzutreiben. Da auch das federwegsreiche Heck zumindest ohne zuschaltbare Plattform nicht antriebsneutral agiert, sind Bestzeiten am Berg Utopie. Aber: Die ausgewogene Position im Rad mit sehr steilem 77,5 - bis 78 -Sitzwinkel ermöglicht selbst epische Alpenauffahrten, Traktion und Grip auf anspruchsvollen Uphill-Passagen sind über wirklich jeden Zweifel erhaben. Das gilt erst recht, wenn sich der Trail zum Tal neigt. Das 170/175-mm-Fahrwerk des Mullet-Torques klebt buchstäblich am Boden, es pulverisiert kleine Kieselchen genauso wie fußballgroße Brocken und vermittelt stets das Gefühl maximaler Kontrolle. Dabei ist es aber nicht zu "plüschig" abgestimmt, sondern steht selbst nach deftigen Drops sofort wieder hoch und stabil im Hub, ohne jegliche Tendenz zum Wegsacken oder gar Durchschlagen. Kurzum: Reserven satt!

Perfekt für harte Einsätze

Zur omnipotenten Federung passt die höchst bergabverliebte Geometrie. Der Lenkwinkel steht mit 63,5–64  angesagt flach und sorgt zusammen mit dem sehr üppig gezeichneten Reach für fast frappierende Spurstabilität. Erstaunlicherweise kommt der Mullet-Aufbau dabei gar nicht so deutlich zum Tragen: "Man genießt durch das kleine Hinterrad viel Bewegungsfreiheit hinter dem Sattel, das Heck fühlt sich aber länger an, als es ist", so unser Testfahrer Thomas Schmitt. Entsprechend brauchen verspielte Manöver a la Bunny-Hop oder Manual einen Schuss mehr Körpereinsatz als vermutet.

So oder so: Im normalen, "mittelgebirgigen" Trailalltag lässt sich das Torque auch unaufgeregt steuern und bietet Fahrspaß, wahre Sternstunden erlebt man aber erst im sehr fordernden, alpinen Gelände wie in Finale Ligure oder rund um Latsch im Vinschgau. Und natürlich im Bikepark, wo sich das Torque Mullet CF 8 als einer der Renner der kommenden Saison entpuppen dürfte.

Preis

4499 €/Direktvertrieb

Gewicht

15,9 kg

Rahmengröße

S, M, L, XL

Rahmenmaterial

Carbon

Federweg

Gabel 170 mm, Rahmen 175 mm

Schaltung

1 x 12 Gänge, 32 : 10–51 Zähne, Shimano-XT-Schaltung, -Kurbel und -Kassette, -Deore-Kette

Bremsen

Shimano XT (M8120) 203/203 mm

Federgabel

Fox 38 Performance Elite

Federbein

Fox DHX2 Factory

Laufräder

DT Swiss FR 560 350

Reifen (v/h)

Maxxis Assegai Maxx Grip Exo+/Minion DHR 2 Maxx Terra DD 29 x 2,4"/27,5 x 2,4"

Vario-Stütze

Canyon G5 Dropper (max. 170 mm)

Geo Canyon Torque
MOUNTAINBIKE

Fazit von Testfahrer Thomas Schmitt:

"Lang, voller Reserven und irgendwie ‚geerdet‘: Das Torque generiert massig Traktion und Laufruhe selbst im gröbsten Gelände. Ein Big-Mountain- und Parkbike für Könner."

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05 / 2024
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Erscheinungsdatum 02.04.2024