MTB-Test: 8 All-Mountain-Bikes (2019)
Test: 8 All-Mountains ab 3800 Euro

Inhalt von

All-Mountains sind die Traumbikes für anspruchsvolle Touren. Ihnen ist kein Berg zu hoch, keine Kletterpartie zu schwer und kein Alpentrail zu ruppig – erst recht nicht mit 29"-Bereifung.

od-0519-all-mountain-test-teaser (jpg)
Foto: Björn Hänssler

Von uns getestet: 8 All-Mountains bis 5700 Euro

Download
Test: 8 29''-All-Mountains ab 3800 Euro
od-0519-all-mountain-test-teaser (jpg)
All-Mountains sind die Traumbikes für anspruchsvolle Touren. Ihnen ist kein Berg zu hoch, keine Kletterpartie zu schwer und kein Alpentrail zu ruppig – erst recht nicht mit 29"-Bereifung.
Wir haben acht verschiedene Bikes auf dem Trail und im Labor getestet. Die Preisspanne der getesteten Bikes reicht dabei von 3800 Euro bis 5700 Euro. Welches Modell kann sich entscheident von den Marktkonkurenten absetzen? Wir verraten es im PDF.

Diese Bikes haben wir detalliert getestet:


Conway WME 929 Carbon
Giant Trance Advanced Pro 29
Norco Sight C2
Propain Hugene Performance
Radon Slide Trail 10.0
Scott Genius 910
Specialized Stumpjumper ST Expert 29
YT Jeffsy 29 CF Pro
nur2,99

Nach dem Kauf erhälst du eine E-Mail mit einem Link zum PDF-Datei Downlaod oder kannst die Datei direkt hier auf der Webseite herunterladen.

Das Testfeld im Überblick

Wer träumt nicht davon, zum ersten oder wiederholten Mal mit seinem Bike im Schatten eines Gipfelkreuzes zu stehen? Es muss ja kein 3000er sein, ein Berg der Voralpen oder auch im Mittelgebirge genügt vollkommen, um den Genuss perfekt zu machen. Hinter einem liegt der lange Anstieg auf Schotter oder schmalen Pfaden, vor einem die Talfahrt auf technischen Trails.

Es geht hinab über Felsen, Steinstufen, Wurzeln und griffigen Waldboden. Durch enge Kehren, über steile Rampen. Für solche anspruchsvollen Touren sind Bikes mit vielen Talenten gefragt. Behände Kletterer, ausdauernde Rolleure einerseits, potente Abfahrer auch im ruppigen Geläuf andererseits. Diesen Spagat schaffen All-Mountain-Fullys mit 130 bis 150 mm Federweg von allen MTBs am besten. Sie meistern den wurzelgespickten Mittelgebirgstrail genauso souverän wie schroffe Alpenpfade.

All-Mountains treten fast so schnell wie 120-mm-Fullys an, rollen ausdauernd und klettern mit viel Schub. Gleichzeitig nehmen ihre Fahrwerke den groben Schlägen die Wucht und geleiten Bike und Fahrer sicher ins Tal. Dieses Zusammenspiel aus der Agilität eines komfortablen Tourenfullys und der Fahrsicherheit eines Enduros macht sie zu den wahren Königen aller Berge.

29er sind auf dem Vormarsch

Welche Laufradgröße für ein All-Mountain ideal ist, ist noch nicht „entschieden“. In 26 Zoll groß geworden, war die Kategorie danach den 27,5"-Reifen vorbehalten. Tatsächlich gibt es immer noch viele Liebhaber kleinerer Laufräder, die deren agiles direktes Handling bevorzugen. In den letzten Jahren sind aber vermehrt 29"-All-Mountains auf den Markt gekommen, die dank ihrer idealen Spurtreue und dem besseren Überrollverhalten noch mehr Potenz bergab und zugleich Tempofestigkeit in der Ebene bringen.

Und die durch immer kürzer werdende Kettenstreben zunehmend an Wendigkeit gewinnen. Kurzum: Nachdem wir in Heft 03/2019 All-Mountains mit 27,5"-Pneus getestet haben, sind jetzt ihre Geschwister mit den großen „Wagenrädern“ an der Reihe. Da wir das Bike mit den besten Fahreigenschaften ermitteln wollen, sind wir bei der Zusammenstellung des Testfelds von unserem traditionellen Vorgehen abgewichen. Nicht der Preis bildete die Orientierungsgrundlage, sondern die Ausstattung.

Das Ziel dahinter: Die Performance auf dem Trail soll über den Testsieg entscheiden, nicht die Ausstattung. Angesichts der „Waffengleicheit“ kommt es stärker auf Kategorien wie Handling, Vortriebseffizienz, Downhill und Gewicht an. Angefragt haben wir Bikes mit mindestens Fox-Performance-Elite- oder Rock-Shox-Pike/Deluxe-Fahrwerken, Sram-GX-Eagle-Antrieb und Shimano-XT- oder Sram-Guide-Bremsen. Zwei von drei Parametern sollten dabei auf jeden Fall erfüllt sein. Aufgegangen ist das nicht immer, weil die Preisschere sonst zu weit auseinandergeklafft wäre. So kostet das Radon Slide Trail 10.0 zwar nur 3799 Euro, bietet dafür aber schon ein extrem teures, edles Fox-Factory-Fahrwerk.

Neue Bikes, neue Technologien

od-0519-all-mountain-test-2 (jpg)
Björn Hänssler
Kurvenspaß: Die modernen 29"-All-Mountains werfen sich mit viel Freude in die Schräglage.

Schon wegen ihres Neuheitenfaktors bilden die 29"-All-Mountains ein hoch spannendes Testfeld. Fünf von acht Testbikes sind im ersten Modelljahr und teilweise Träger neuer Technologien und außergewöhnlicher Denkansätze. Propain musste den Dämpfer seines mehrfach verschachtelten „Pro10“-Hinterbaus erstmals vor das Sattelrohr verlegen, um das Hugene realisieren zu können. Anders wäre das Heck wegen der großen Laufräder zu lang geworden. Bestrebt, die Sitzposition zentral und kompakt zu halten, gibt YT dem brandneuen Jeffsy einen Sitzwinkel mit, der fast so steil ist wie die Eiger-Nordwand.

Giant hingegen pfeift auf Federweg und generiert Abfahrtsspaß aus der Geometrie des Trance Advanced 29. Das Fahrwerk kommt indes nur mit 130 mm Hub an der Front und 115 mm am Heck. Specialized und Radon haben ebenfalls komplett neue Bikes gebaut, wobei das Stumpjumper schon in der Vorgeneration auf 29ern unterwegs war, und Radon wie seit jeher beim Slide mit gradlinigem Design aufwartet. Aber es ist das erste 29"-All-Mountain der Bonner. Das Norco Sight, das Conway WME oder das Scott Genius sind alle ein Jahr älter, quasi schon Klassiker. Trotzdem findet auch hier Weiterentwicklung statt.

Der neue Nude-Dämpfer am Scott mit „Ramp Adjust“ stellt sich bei uns zum ersten Mal einem Vergleichstest. Er erlaubt per Hebel den Wechsel zwischen linearer und progressiver Kennlinie, indem eine zweite Luftkammer zugeschaltet wird. Ein Feature, das zunächst für das Enduro Ransom entwickelt, dann für das Genius adaptiert worden ist.

Top Rahmen, solide Parts

Unsere Vorgaben an die Ausstattung haben dazu geführt, dass die acht Bikes aus dem gehobenen Preissegment kommen: 3500 bis 5500 Euro. Wer so viel Geld auf den Tisch legt, erwartet einen hochwertigen und leichten Carbonrahmen. Beim Hauptrahmen befriedigen alle Hersteller dieses Bedürfnis, während am Hinterbau teilweise Streben aus Aluminium zum Einsatz kommen.

Gut verarbeitet sind aber alle Rahmen, zudem weisen alle die aktuellsten Standards wie Boost-Achsen oder innen verlegte Züge auf. Den leichten Rahmen stehen robuste Parts gegenüber: etwa griffige Enduro-Reifen und teils mächtige Dämpfer mit Ausgleichsbehältern. Alles ist auf Abfahrtsspaß getrimmt, ein bisschen robuster und schwerer.

Das hebt die Gesamtgewichte auf 13,58 kg im Durchschnitt. Nur das Giant unterbietet die 13-Kilo-Marke. Was dennoch überrascht: Die 29er sind kaum noch schwerer als ihre ausstattungsgleichen 27,5"-Geschwister aus MOUNTAINBIKE 03/2019 (Durchschnittsgewicht 13,42 kg). Die Bikes mit Traktorreifen holen also mit aller Macht auf, auch beim Handling.

Vorbei sind die Zeiten, an denen sie sich wegen langer Kettenstreben nur behäbig in Schräglage drücken ließen. Mit Heckpartien unter 440 mm tanzen die neuen 29er ausnahmslos behände um die Kurven, reagieren willig auf Lenkeinschläge. Um die im Vergleich zu 27,5"-AMs etwas geringere Agilität zu bemerken, braucht es schon die scharfen Spitzkehren unserer Latscher Teststrecke. Wer nicht ständig solche trickreichen Strecken unter die Stollen nimmt, ist unserer Meinung nach mit einem 29"-AM besser beraten.

Plus an Fahrsicherheit

od-0519-all-mountain-test-1 (jpg)
Björn Hänssler
Die Tester stimmen die Bikes vor jeder Fahrt penibel ab und passen sie an ihre Sitzposition an.

Denn zeitgleich setzt sich der Trend zu mehr Fahrsicherheit fort. Das eh hervorragende Überrollverhalten der 29"-Reifen paart sich mit modernen Geometrien mit flachem Lenkwinkel, der den Fahrer bei langem Reach tief und sicher im Bike platziert. Man fühlt sich wohl geborgen und gewinnt Selbstvertrauen. Super: Kein Hersteller hat in dieser Hinsicht überzogen. Bei aller Abfahrtsgewalt bleibt das Handling in den meisten Fällen ausgewogen, betont zwar die Laufruhe, ohne aber den Spieltrieb zu vernachlässigen.

Der Fahrspaß reißt auch beim Pedalieren nicht ab. Alle Bikes profitieren hier von einer zentralen Sitzposition, die schnell in den runden Tritt finden lässt. Der trägere Antritt der großen Laufräder wird so überspielt. Sobald sie rotieren, läuft es eh buchstäblich rund. Gerade auf wurzeligen oder steinigen Pfaden überrollen 29er Hindernisse ohne großes Zutun des Fahrers. Auch an Stufen muss man das Vorderrad nur leicht anlupfen, das Heck wuchtet sich dann von alleine hinauf. Dabei arbeiten die meisten Fahrwerke antriebsneutral, ohne abzusacken.

Nur bedingt verderben den Uphill-Spaß bei Radon, YT und Norco die Laufräder, denen leichtläufigere Reifen guttun würden. Unterm Strich aber stehen den Königen der Berge ihre neuen Kleider im 29"-Maß wie angegossen. Vor allem das neue Propain und das bewährte Scott können als Alleskönner voll überzeugen, aber auch Conway und Specialized bieten tolle All-Mountains an.

All-Mountain-Test: Punktevergabe und Bewertung

mb-0519-all-mountain-test-grafik-punkte-und-benotung (jpg)
Redaktion
MB 2019 All Mountain Test

Alle unsere Biketests bauen auf einem durchdachten Punkteschema auf, das alle wichtigen Fahreigenschaften und Kategorien umfasst. Gut ein Drittel der Gesamtnote steuern Laborerhebungen wie Gewicht, Verarbeitung und Ausstattung bei. Hauptsächlich ergibt sich die Note aber aus Kategorien wie dem Handling, der Vortriebseffizienz, der Bergab-Performance und dem Fahrwerk. Um einen Eindruck von den Fahreigenschaften zu gewinnen, fahren vier Tester die Bikes auf einer selektiven Teststrecke und notieren nach jeder Runde ihre Bewertungen. Die Gewichtung der Kategorie passen wir an die jeweilige Bikegattung an. All-Mountains müssen grundsätzlich ausgewogen sein und bergauf wie bergab nahezu gleich punkten. Bei maximal 250 Punkten ist das Bike mit den meisten Zählern logischerweise Testsieger.

Der Biketest im Detail

mb-0519-all-mountain-test-grafik-spinnennetz (jpg)
Redaktion
MB 2019 All Mountain Test

Das Spinnennetz zeigt, wo die Stärken und Schwächen des Bikes in Relation zum Testumfeld liegen. Je größer der Ausschlag in einer der acht Kategorien, desto prägender der jeweilige Charakterzug. Ein Allrounder weist rundum eine große Fläche, ein Spezialist eine verschobene Grafik auf. Die jeweiligen Eigenschaften wie Up- oder Downhill sind meist gegensätzlich angeordnet. So sehen Sie auf einen Blick, welches Profil das Bike aufweist. Die Grafik unten rechts zeigt ein eher abfahrtslastiges Bike mit potentem Fahrwerk, weniger wuseligem Handling und zähem Antritt. Und das versteckt sich hinter den Begriffen:

Uphill/Vortrieb: Passt die Traktion? Steigt die Front? Ist die Sitzposition im steilen Anstieg optimal? Ein niedriges Gewicht steigert den Ausschlag im Profil ebenso wie leichte Laufräder und rollfreudige Reifenprofile.

Downhill: Ein sicheres Handling ist elementar, damit ein Bike bergab gut performt. Die Abfahrtspotenz ist aber auch vom Fahrwerk abhängig. Arbeitet es unauffällig, kommt das Bike souveräner durch ruppiges Gelände. Parts wie das Cockpit, die Reifen oder die Bremsen beeinflussen die Abfahrtsleistung ebenfalls.

Ausstattung: Sie umfasst nicht die Federelemente, aber die Bremsen, Schaltung, den Antrieb, die Laufräder, die Reifen sowie Anbauteile wie Sattel, Griffe, Cockpit. Aber wir bewerten auch gelungene und innovative Detaillösungen. Das Spinnennetzdiagramm visualisiert den Charakter des jeweiligen Bikes. Auf einen Blick lässt sich erfassen, ob das Bike zu Ihren Anforderungen passt.

Rahmen/Fahrwerk: Ein top gemachter Rahmen mit geringem Gewicht und hohen Steifigkeiten ist die Basis für das perfekte Bike. Wir bewerten ihn in Kombination mit dem Fahrwerk und den Federelementen als Ganzes.

Laufruhe: Hohe Spurtreue bringt Fahrsicherheit bergab. Sie kann aber ins Träge kippen, wenn der Profiler bei der Wendigkeit einen geringen Ausschlag zeigt.

Wendigkeit: Je wendiger ein Bike, desto agiler, spielerischer lässt es sich bewegen. Es lässt aber auf Nervosität in ruppigem Gelände schließen, wenn der Profiler nur in diese Richtung ausschlägt und bei der Laufruhe kaum.

Robustheit: Liegt der Fokus bei Rahmen und Parts weniger auf Leichtbau, sondern auf Solidität, steigt der Ausschlag der Grafik. Der Gegenpart ist Leichtbau.

Geringes Gewicht: Niedriges Rahmen-, Parts- und Gesamtgewicht lässt auf ein spritziges, leichtfüßiges, in der Ebene wie im Uphill ausgezeichnetes Bike schließen.

Diese Produkte haben wir getestet:

Die aktuelle Ausgabe
04 / 2024
 04 / 2024

Erscheinungsdatum 05.03.2024