Günstige Spaßgaranten mit starrem Heck im Test
Trailhardtails ab 1499 Euro im Test

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Fairer Kaufpreis, robuste Ausstattung und moderne Geometrien: Trail-Hardtails sind nahezu unzerstörbare Fahrspaß-Garanten und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Zu Recht? Wir haben vier Bikes getestet.

Hardtail-Test 2021
Foto: Dennis Stratmann

Harte Kerle

Massive Optik, unverwüstliche Rahmen, raubeiniges Fahrverhalten, zäher Vorwärtsdrang, eigenwillige Schaltung und ein Habitus, der verspricht, jeden und jederzeit ans Ziel zu bringen. Mit diesen Eigenschaften haben Offroad-Jeeps wie Land Rover Defender, Mercedes G & Co. Kultstatus erlangt. Aber auch in unserem Bergrad-Kosmos gibt es solche, wenn auch nicht ganz so sperrige Waldmeister. Die Rede ist von Trail-Hardtails, die durchaus einiges mit 4 x 4-Offroader gemeinsam haben. Oder ist es Zufall, dass unsere Testbikes hier alle grün lackiert sind? Apropos Test: Leider haben uns diesmal coronabedingt sehr viele Hersteller kein Bike schicken können. Eine Übersicht über weitere spannende Trail-Hardtails finden Sie daher weiter unten – von preiswert bis exotisch.

Schon im Stand machen die vier Testkandidaten von Canyon, GT, Radon und Merida aus ihrem Einsatzzweck keinen Hehl. Ultramassive Alu-Rahmen mit wuchtigen Schweißnähten versprechen Langlebigkeit. Dazu kommen Federgabeln mit breiten 34-mm-Standrohren und bis zu 140 mm Hub – ganz klar, das sind keine klassischen Cross-Country- oder MarathonHardtails zum pfeilschnellen Bergaufpreschen, das sind echte Bergab-Ballermänner! Geometrieseitig sind die Bikes, die alle vier auf 29"-Rädern stehen, sehr modern gezeichnet. Bedeutet im Klartext: Flache Lenkwinkel sowie eher lange Reach-Werte und Radstände versprechen spaßige, supersichere Trailrides. Auch wenn die Bikes mit der ersten Pedalumdrehung erst mal behäbig wirken, springt spätestens auf dem ersten Trail-Meter der Funke voll über: Flott lassen sich die Hardtails über Flowtrails prügeln, speziell das Radon kitzelt in engen Kurven mit seinem agilen Charakter den inneren Shredder. Das flach-lange Canyon hingegen ist mehr "Abteilung Attacke", schießt speziell in schnellen Passagen an die Spitze des Testfelds. Mountainbiking in seiner Reinform erlebt man beim ersten Wurzelteppich, die starren Hinterbauten geben die Schläge recht unvermittelt an den Fahrer weiter. Besonders das Canyon fällt mit rustikaler Art auf, eher komfortabel gibt sich das Radon Cragger. Eine gewisse Voraussicht ist so gefragt: Untergrund scannen, Körperschwerpunkt verschieben, mit den Beinen garstige Schläge mitfedern, die Hardtails fordern Einsatz. Und das macht richtig Laune!

Hardtail-Test 2021
Dennis Stratmann
In schroffem Gelände und auf verschiedenen Untergründen werden die Bikes auf Herz und Nieren getestet.

Zumal die Hersteller alle auf bergablastige Parts setzen wie breite Lenker mit kurzen Stummelvorbauten oder sehr stark profilierte, hochwertige Reifen – das sorgt für Vertrauen! Auch in Sachen Federgabel bieten (fast) alle für die recht günstigen Kaufpreise Bravouröses: Im Canyon dämpft Rock Shox’ AllMountain-Legende Pike, im Radon kommt eine feinfühlige DVO Saphire zum Einsatz, die man nur selten an Kompletträdern sieht. Merida verbaut am Big.Trail Marzocchis sahnige Z2, die im Innenleben einer Fox 34 Rhythm entspricht. Nur die preisgünstige Rock Shox 35 im GT lässt Sensibilität und in verblockten Abschnitten Gegendruck vermissen. Wo Speed ist, will auch verzögert werden: Merida und GT bieten eher billige Shimano-Bremsen, die zwar genug Bremskraft bieten, sich aber mittels der klobigen Hebel schwer dosieren lassen. Die Vierkolbenbremsen von Magura (Radon) und Sram (Canyon) liefern hier deutlich besser ab! An allen Testkandidaten sind moderne Schaltungen mit 1 x 12 -Übersetzungen verbaut, sodass auch steile Stiche gut erobert werden können. Auch hier hat das Radon mit einem stimmigen Mix aus Shimano-Parts und Race-Face-Kurbel den Spitzenplatz inne, zudem verbauen die Bonner (wie Merida) sogar eine kleine Kettenführung.

Wahrlich keine Leichtgewichte

Im Talschuss wissen die Bikes also zu überzeugen. Aber wie sieht es im Uphill und auf ausgedehnten Touren aus? Hier geht es gemächlicher zu, weil die meisten Bikes viele Pfunde auf den Alu-Rippen haben. Im Schnitt bringen die Bikes 14 Kilo auf die Waage. Das Canyon wiegt gar 14,5 Kilo, nur Radon kann mit dem 13,2 Kilo "leichten" Cragger wieder ein kleines Glanzlicht setzen. Gut hingegen, dass alle Hersteller auf steile bis sehr steile Sitzwinkel vertrauen. So fallen die Tretpositionen durchaus effizient aus.

Hardtail-Test 2021
Dennis Stratmann
Auf dem Trail machen sich schon Nuancen der Ausstattungsdetails bemerkbar, wie zum Beispiel bei der Reifenwahl.

Auch wenn die Trail-Hardtails keine ultimativen Allrounder sind, sind sie doch für viele Biker geeignet. Speziell für budgetbewusste Käufer oder aber auch MTB-Einsteiger kann so eine Spaßmaschine lohnend sein – so viel Bike für einen schmalen Taler findet man selten. Doch auch "Material-Freaks" sollten die Trail-Räuber genauer betrachten, weil sie sich als lässiges Winterrad prima eignen. Also warum nicht das teure Carbon-Fully in den Winterschlaf schicken und das Trail-Hardtail Matschbeschuss, Streusalz und witterungsverschuldeten Stürzen aussetzen? Dass es dabei etwas zäher bergauf geht? Trainiert doch! Übrigens: Keinem Gefährt steht Dreck so gut wie einem Trail-HT – mindestens so gut wie einem 4 x 4-Offroader jedenfalls. Probieren Sie diese harten Kerle doch mal aus. Es lohnt sich.

Diese vier Bikes haben wir getestet:

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Erscheinungsdatum 02.04.2024