Genauer betrachtet: Felgebreite am Mountainbike
Lukas erklärt: Darum wächst die Felgenbreite bei MTBs

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Seit Jahren wächst die Felgenbreite bei Mountainbikes. Doch was haben Biker davon? Und wiegt das nicht viel zu viel?

MB 0619 Lukas erklärt Felgenbreite Teaserbild
Foto: Benjamin Hahn Fotografie

Verblüffend: Ein durchschnittlicher MTB- Reifen hat circa 50 Quadratzentimeter Aufstandsfläche. Nicht viel für den einzigen Kontaktbereich von Bike und Boden. Egal, ob wir mit Vollgas den Trail runterbrettern, bremsen oder im Anstieg Kraft aufs Pedal bringen: Wir brauchen Grip. Kein Wunder also, dass seit jeher versucht wird, Bike und Biker zu mehr Bodenhaftung zu verhelfen. Fast alle Maßnahmen haben aber negative Seiten. So bringt ein grobstolliger Reifen mit klebriger Gummimischung und stabiler Karkasse zwar viel mehr Traktion – er rollt aber dafür wie ein Sack Nüsse.

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Einen smarteren Weg haben Messreihen gezeigt, die MOUNTAINBIKE in einer aufsehenerregenden Studie vor fast 15 Jahren veröffentlichte: Breite Reifen bringen nicht nur mehr Grip, sie rollen auch schneller! Der Grund ist unter anderem, dass ein breiter Reifen mit weniger Luftdruck gefahren werden kann, er sich so dem Untergrund besser anpasst und von Hindernissen (selbst ein Sandkorn ist ein Hindernis!) weniger gebremst wird.

Das Problem: Breite Reifen auf schmalen Felgen funktionieren im dynamischen Fahrbetrieb nur bedingt. Im Querschnitt betrachtet sitzt der breite Reifen "eckig" auf einer (zu) schmalen Felge. Die Reifenwulst sieht im Profil fast aus wie eine Glühbirne. Der Effekt ist besonders bei niedrigem Luftdruck negativ zu spüren: Viele Biker klagen über ein schwammiges Fahrverhalten, der Pneu knickt in Kurven regelrecht weg. Bikern, die tubeless unterwegs sind, also ohne Schlauch im Reifen, droht in dynamischen Kurven sogar schlagartiger Druckverlust. Ein Effekt der auftritt, wenn der Reifen für den Bruchteil einer Sekunde von der Felge springt – Burping genannt. Damit die modernen Breitreifen nun bauchiger im Felgenbett sitzen, wächst die Breite des Felgenbetts, die sogenannte Innenmaulweite.

Welche Felgenbreite ist ideal? Egal ob E-MTB mit fetten 2,8"-Schlappen oder CC-Racebike mit leichten 2,25"-Reifen: Als Faustformel lässt sich ein Reifen-Felgen-Verhältnis von 2:1 festlegen. Beispielrechnung: Ein 2,4"-Pneu ist etwa 60 mm breit und baut daher optimal auf einer 30-mm-Felge.

Breite bringt mehr als nur Grip

In Sachen Grip spielt der bereits angesprochene Reifendruck eine große Rolle: Je geringer er ist, desto mehr Aufstandsfläche hat der Reifen, also mehr Reifenhaftung. Der Vorteil von breiten Felgen in diesem Zusammenhang ist der mögliche niedrige Luftdruck. Mit breiten Felgen steigt das Luftvolumen im Pneu an, sodass Biker weniger Luft in den Reifen geben können. Und dass weniger Luftdruck auch – wie von uns einst ermittelt – schnell macht, wurde inzwischen immer wieder bewiesen. So hat auch CC-Superstar Nino Schurter dank detallierter Tests erkannt, dass ein breites Reifen-Felgen-Setup wertvolle Sekunden bringt. Der Weltmeister ist auf 25-mm-Felgen im World Cup unterwegs, je nach Strecke wählt er sogar noch breitere Modelle. Zumeist hat der Schweizer 2,25" breite Reifen montiert, die er selten über 1,6 bar Luftdruck pumpt.

Und ein breiterer und damit volumiger Reifen spielt auch als Federungskomponente eine wichtige Rolle. Er sorgt mit seiner Eigendämpfung bei Unebenheiten und Vibrationen für Komfort am Bike. Mehr Grip, mehr Komfort, besserer Rollwiderstand bei nur geringem Mehrgewicht: Breite Felgen verbessern jedes Bike in vielen Bereichen.

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Erscheinungsdatum 02.04.2024