Wer waschechtes Trailvergnügen sucht, muss kein Vermögen ausgeben. Acht 1.000-Euro-Bikes aus Handel und Versand im Vergleichstest.
Wer waschechtes Trailvergnügen sucht, muss kein Vermögen ausgeben. Acht 1.000-Euro-Bikes aus Handel und Versand im Vergleichstest.
Erfreulich: Bei sieben der acht getesteten Alu-Hardtails handelt es sich nicht etwa um simple Einsteigerlösungen. Die Qualität von Rahmen und Parts reicht locker für Hobby-Rennen. Vier Hersteller – Bergamont, Bulls, Carver und Haibike – verkaufen über den Fachhandel.
Dazu gesellen sich mit Canyon, Poison, Radon und Rose vier Vertreter aus dem Versandhandel. Weniger erfreulich: Bekannte Fachhandelsmarken wie etwa Cube oder Ghost scheuten den Vergleich mit den Versendern und lehnten die Testteilnahme ab.
Die Versender sparen sich die Marge für den Zwischenhandel, was einen größeren Spielraum bei der Auswahl der Parts ermöglicht. Der Fachhandel kann hingegen durch die unmittelbare Nähe mit besserem Service punkten, etwa durch persönliche Beratung, Probefahrt oder schnelle Reparaturen.
Die Grundsatzentscheidung, ob Fach- oder Versandhandel, hängt neben den eigenen Schrauberfähigkeiten auch von den persönlichen Vorlieben ab. Wie sich ein Bike fährt, das bestimmt das Zusammenspiel der Parts mit dem Rahmen – dem Kernstück jedes Bikes.
Stimmt die Qualität des Rahmens, lohnt sich auch eine spätere Investition in noch höherwertigere Parts, um etwa das Gesamtgewicht zu reduzieren. Canyon und Rose zeigen, wie‘s geht, locken mit vielen technischen Features.
Optisch ansprechend und scheuerfrei verlaufen etwa Schaltzüge und Bremsleitungen beim Rose-Rahmen innen. Das Canyon glänzt mit konischem Steuerrohr und dünner Sattelstütze, die gleichzeitig für den größten Sitzkomfort im Testfeld sorgt. Den leichtesten Rahmen, jedoch auch mit der geringsten Steifigkeit, bietet Poison.
Die Geometrie-Palette reicht von agilem, spielerischem Handling bei Rose bis hin zur sportlich gestreckten, vortriebsgierigen Grundposition am Carver. Bei der Ausstattung sollte das Hauptaugenmerk auf Gabel und Bremsen liegen, da sie großen Einfluss auf die Fahrperformance nehmen.
Doch nicht nur deshalb: Nachträgliches Tauschen kann schwer ins Geld gehen und lohnt eher nicht, weil es den Investitionsrahmen in dieser Bike-Preisklasse sprengt. Canyon, Poison und Radon verbauen die Reba RL von Rock Shox, die beste Gabel, die es momentan in dieser Preisklasse gibt. Immerhin bieten alle Gabeln im Test 100 Millimeter Federweg und einen Remote-Lockout.
Für beste Entschleunigung sorgt die RX von Formula, montiert auf Bulls und Radon. Aber auch Elixir 3 und 5 bieten eine sehr gute Bremsperformance. Beim Antrieb punktet Carver mit einer kompletten XT-Gruppe, der Rest geht mit günstigeren Shimano- oder Sram-Gruppen Kompromisse ein. Weitere Einschränkungen machen Bergamont, Carver und Haibike bei den Reifen. Zweitklassige Modelle sorgen für spürbar weniger Grip.
Auf Prüfständen nach EFBe-Standard misst MountainBIKE die Steifigkeiten der Bikes. Die Tretlagersteifigkeit zeigt, wie sich der Rahmen im Wiegetritt verwindet, die Lenkkopfsteifigkeit beeinflusst die Spurstabilität. Typisch Alu: Steifigkeit hängt stark vom Gewicht ab. Bergamont bietet mit dem zweitschwersten Rahmen die höchste Steifigkeit, Poison mit dem leichtesten die geringste Steifigkeit.
80 Kilo hängen an einem Satteldummy – montiert an der jeweiligen Sattelstütze in definierter Auszugshöhe –, um den Flex vom System Rahmen/Sattelstütze zu ermitteln. Die schmale 27,2er-Stütze am Canyon sorgt für den größten Sitzkomfort.
Radon: Als einziges Bike im Test kommt das ZR Race mit Pressfit-Innenlager. Die gewindelosen Lagerschalen werden dazu in das Tretlagergehäuse gepresst. Das bringt Vorteile bei Gewicht und Steifigkeit, zudem bietet das längere Tretlagergehäuse mehr Fläche zum Anschweißen der Rahmenrohre.
Canyon: Das flexende System Rahmen/Sattelstütze sorgt bei Hardtails für einen gewissen Restkomfort, der Schläge am Hinterrad nicht völlig ungefiltert an den Fahrer abgibt. Das Canyon bietet mit dünner 27,2-mm-Stütze besonders viel Flex – allerdings nur in Rahmengröße S und M.
Bulls, Radon: Bei 999-Euro-Hardtails fordert der Komponenten-Mix immer Kompromisse. Bulls und Radon gehen beim Thema Bremsen auf Nummer sicher und verbauen die Formula RX, die sich bereits im MB-Bremsentest durch ausreichend Biss und Standfestigkeit behaupten konnte.
Poison: Mit den Schaumstoffgriffen am Zyankali ist Poison ein echter Fehlgriff gelungen. Die weichen Überzieher verdrehten sich bereits im trockenen Zustand ungewollt – ein echtes Sicherheitsrisiko. Deshalb nach dem Kauf sofort runter damit und vernünftige Schraubgriffe montieren.
Bergamont, Carver, Haibike: Die drei Hersteller montieren Schwalbe-Reifen mit der Zusatzbezeichnung „Performance“. Dabei handelt es sich um eine günstige Version mit höherem Gewicht und spürbar weniger Grip. Die Top-Modelle tragen die Zusatzbezeichnung „Evo“.
Haibike: Während die Konkurrenz ausnahmslos mit Luft federt, sorgt am Edition RC eine Rock Shox Recon mit Stahlfeder für Komfort. Die Gabel arbeitet zwar bei richtigem Fahrergewicht zufriedenstellend, treibt aber mit 2234 Gramm das Gesamtgewicht drastisch in die Höhe.
Preis/Ausstattung: Dank Direktvertrieb sparen sich Versender die Marge für den Handel – der Verkaufspreis kann niedriger ausfallen, alternativ spendiert der Versender seinen Bikes eine im Vergleich zum Fachhandel höherwertige Ausstattung.
Beratung: Sie findet online/am Telefon meist durch geschulte Mitarbeiter statt – und muss deshalb nicht schlechter sein als im Shop. Persönliche Beratung gibt‘s bei manchen Versendern in eigenen Geschäften, oft nur am Firmensitz.
Probefahrt: Nur wenige Versender bieten die Möglichkeit einer Probefahrt, und wenn, dann nur am womöglich weit entfernten Firmensitz. Eine Geometrie-Tabelle liefert theoretische Eckpunkte zur „Passform“.
Service: Für Umtausch, Erstservice oder Reparatur muss beim Versender das Bike jeweils verpackt und verschickt werden. Um Montage und finales Setup muss sich der Kunde kümmern. Ausnahme: Radon ermöglicht durch spezielle Vereinbarungen Reparaturen in ausgewählten Bike-Shops.
Teure Reparaturen und entgangener Fahrspaß sind die Folge. Überraschend, dass in diesem Test die Versender-Bikes nicht nur durch wertige Parts, sondern auch mit besserer Fahrperformance punkten.