Kein Weg ist ihnen zu steinig, kein noch so verblockter, ausgesetzter Trail nimmt ihnen den Glanz: MountainBIKE hat zwölf Enduro-Bikes fürs Grobe getestet.
Kein Weg ist ihnen zu steinig, kein noch so verblockter, ausgesetzter Trail nimmt ihnen den Glanz: MountainBIKE hat zwölf Enduro-Bikes fürs Grobe getestet.
Damit Sie auch den richtigen Partner für das Trailabenteuer finden, hat MountainBIKE zwölf spannende Modelle getestet. Preisspanne: 3290 bis 3999 Euro – eine Klasse, in der die Hersteller ihre aufwendigen Alu-Rahmen bereits mit vernünftiger Ausstattung anbieten. Bei Preisklassen darunter beschneiden Günstig-Parts erheblich den Fahrspaß.
Das Testfeld umfasst spannende Neuheiten von Canyon, GT, Rocky Mountain, Rotwild und Scott sowie alte Bekannte mit teils leichten Modifizierungen von Giant, Lapierre, Mondraker, Radon, Rose, Specialized und Votec.
Bereits der optische Vergleich der Bikes führt zu der Erkenntnis, dass Enduro ein dehnbarer Begriff ist. Anders formuliert: Scott katapultiert die Kategorie mit dem Genius LT in ein neues Zeitalter.
Galten früher 160 Millimeter Federweg an der Gabel als gesetzt, arbeitet das Genius LT mittlerweile mit 180 Millimeter, der Hinterbau sogar mit 185. Und auch das neue E1 von Rotwild hängt dem Scott, mit jeweils zehn Millimeter weniger Hub, bereits dicht an den Fersen. Ganz klar: Der Trend geht zu mehr Federweg, zumal die beiden Bikes problemlos unter der magischen 15-Kilo-Marke bleiben.
Auch Specialized und Lapierre punkten mit schluckfreudigem, komfortablem Fahrwerk für anspruchsvolle Abfahrten. Mondraker und GT setzen hingegen auf pedalierfreundliche, wipparme Hinterbauten, die in schwierigem Terrain weniger Reserven bieten. Den Exotenstatus übernimmt das Giant mit Stahlfederelementen. Das harmonische Fahrwerk sorgt für satte Abfahrtsperformance, erhöht aber auch spürbar das Gesamtgewicht.
Länge und Winkel der Rahmenrohre entscheiden maßgeblich das Fahrverhalten. Flacher Lenkwinkel und langer Radstand, wie etwa bei Rotwild und Specialized, sorgen für hohe Laufruhe bei schnellen Abfahrten, steiler Winkel und kurzes Rad wie am Mondraker stehen hingegen für viel Agilität, können aber auch schnell zu sehr nervösem Handling führen.
Enduros zählen im weitesten Sinne immer noch zur Kategorie der Tourenbikes und sollten deshalb auch Klettertalent mitbringen. Voraussetzung dafür: ein möglichst steiler Sitzwinkel.
Bei Winkeln unter 73 Grad, wie etwa bei GT, Lapierre und Votec, erfolgt der Tritt oft unergonomisch von hinten. Und das vor allem bergauf, da der Hinterbau durch den üppigen Federweg häufig etwas wegsackt. Auch Sattelstützen mit viel Versatz können sich diesbezüglich negativ auswirken.
Ob der Fahrer superkompakt wie auf dem Rose oder leicht gestreckt wie auf dem Radon sitzt, hängt in erster Linie von Oberrohr-, Steuerrohr- und Vorbaulänge ab. Kompakte Positionen bringen Vorteile beim Handling, leichte Oberkörperstreckung sorgt hingegen für mehr Druck aufs Vorderrad, hilfreich etwa bei steilen Kletterpassagen.
Wichtig: kein Streckbankfeeling bei Enduros! Letzteres verschlechtert deutlich Kontrolle und Sicherheit in anspruchsvollem Gelände. Auch ein zu schmaler Lenker nimmt negativen Einfluss auf die Steuerung, eine zu breite Lenkstange verhakt sich hingegen schnell in engen Trails. MB empfiehlt deshalb Breiten zwischen 700 und 740 Millimeter.
Ausgewogene Geometrie und stimmiges Fahrwerk gelten als Grundvoraussetzung für ein effizientes Enduro. Jedoch nur unter Betracht der verwendeten Komponenten lässt sich das Puzzle der Gesamtperformance vervollständigen.
Hier sind die Versender Canyon, Radon, Rose und Votec klar im Vorteil. Die gesparte Marge für den Zwischenhändler ermöglicht edle Komponenten wie etwa XTR-Antrieb, gewichtsoptimierte Systemlaufräder sowie leichte, aber kraftvolle Bremsen von Formula und Avid.
Der Nachteil des Versandhandels liegt in der Regel im erhöhten Aufwand für Probefahrten, Umtausch, Erstservice oder Reparatur.
Dass Mondraker, Giant, GT, Lapierre und Rocky Mountain 180-Millimeter-Bremsscheiben am Vorderrad verbauen, fällt allerdings nicht unter Sparmaßnahmen, sondern liegt vielmehr an der fehlenden Vorstellungskraft von echtem Enduro-Einsatz im Alpenraum.
200-Millimeter-Scheiben an der Front und mindestens 180 am Heck gelten bei Enduros als Standard und sorgen für die nötige Standfestigkeit für lange Abfahrten.
Ausstattungsmerkmale, wie Bashguard und Kettenführung, beeinflussen auch das bevorzugte Einsatzgebiet. Die beiden Hilfsmittel garantieren auch bei Ausfahrten in ruppigstes Gelände sorglosen Antrieb. Mit Ausnahme von Mondraker, Rose und Scott verbauen alle Hersteller zumindest Bashguard oder Kettenführung. Rose setzt gleich auf die Getriebekurbel Hammerschmidt und gewinnt dadurch zusätzlich noch Bodenfreiheit.
Ein sinnvolles Feature sind die so genannten Vario-Stützen, die das bequeme Absenken des Sattels vom Lenker aus oder via Hebel unter dem Sattel ermöglichen. Exakt die Hälfte der Hersteller verbaut den Sessellift, was vor allem in kupiertem Gelände deutliche Vorteile bringt.
Uneinigkeit herrscht beim Thema Flaschenhalter. Bei Lapierre und GT lässt sich kein Wasserträger im Rahmendreieck befestigen. Ein klarer Nachteil für Biker, die ohne Trinkrucksack fahren wollen.
Alle zwölf Testbikes gelten als Enduro, die Unterschiede fallen jedoch zum Teil drastisch aus – egal ob bei Komponenten, Geometrie oder Federweg. Wer mit dem Kauf eines Langhub-Partners liebäugelt, muss deshalb vorab Schwerpunkte setzen.
Suchen Sie nach der Tourenrakete mit Extraportion Federweg, dem abfahrtshungrigen Raufbold oder einem guten Kompromiss aus beidem? Diese vorab getroffene Grundsatzentscheidung erleichtert die richtige Kaufentscheidung erheblich.
Scott holt sich mit seiner überwältigenden Abfahrtsperformance, gepaart mit sehr gutem Handling, den Testsieg. Auch Rotwild, Specialized und Giant punkten vor allem talwärts. Sehr gute Allroundeigenschaften inklusive top Ausstattung liefern Canyon und Votec. Rose gefällt durch sein agiles, verspieltes Handling. Den tourenfreundlichen Part übernimmt das leichte und vortriebseffiziente Radon.
Um diese Fragen zu beantworten, wanderten die Enduros ins MountainBIKE-Labor. Die Tabellen unteen auf der Seite liefern die Messergebnisse im Detail.
Gewichte:
Das Laufradgewicht ergibt sich aus der Summe des Laufradsatzes inklusive Schnellspanner (falls vorhanden), Felgenband, Schlauch, Reifen, Bremsscheibe und allen Schrauben.
Die Gabelgewichte verstehen sich inklusive 20-mm-Steckachse.
Auf EFBe-Prüfständen misst MountainBIKE die Steifigkeiten der Bikes. Die Tretlagersteifigkeit zeigt, wie sich der Rahmen im Antritt verwindet, die Lenkkopfsteifigkeit beeinflusst die Spurstabilität. Auffallend sind die schwankenden Werte bei Lapierre und Mondraker. Sie bieten jeweils einen sehr guten und einen sehr schlechten Wert. Den besten Gesamtwert erreicht Specialized.
Die Kategorie lässt sich jedoch nicht mehr scharf abgrenzen, die Unterschiede zwischen den zwölf Testbikes um die 3500 Euro sind groß.
Federwege zwischen 150 und 185 Millimeter, laufruhige oder wendige Rahmengeometrien sowie unterschiedliche Schwerpunkte bei der Ausstattung machen deutlich: Wer sich ein Enduro kauft, muss Prioritäten setzen.
Scott holt den Testsieg mit souveräner Abfahrtsleistung, die besten Allroundfähigkeiten beweisen Canyon und Votec.