Gewichte stemmen ist nicht Ihr Ding? Kein Problem: U23-Champ Jakob Fuglsang zeigt, wie Sie auch ohne Eisen zu viel Power kommen.
Gewichte stemmen ist nicht Ihr Ding? Kein Problem: U23-Champ Jakob Fuglsang zeigt, wie Sie auch ohne Eisen zu viel Power kommen.
Die Furcht grassiert in der Szene über Teamgrenzen hinweg. Wie die Pest wird sie gemieden. Nur wenige trauen sich, der vermeintlich ansteckenden Seuche ins Antlitz zu blicken: Fällt auch nur deren Name, spüren "echte" Racer angeblich umgehende Veränderungen im Körper. Schlimmer noch: Sie fühlen sich plötzlich schwer; so schwer, dass sie umgehend im Erdboden einzukrachen drohen. Der Feind in den eigenen Gebeinen! Nein, für Biker, die jedes Gramm zu viel mit eisernem Willen bekämpfen, kommt ein Kraftzuwachs – und somit ein untolerierbares Mehr an Gewicht – einem Genickschuss gleich.
Mindestens! Das jedenfalls glauben viele. Dabei ist Kraft – lange genug unterschätzt – für Mountainbiker ein, wenn nicht der leistungsbestimmende Faktor: Der menschliche Körper verfügt über 660 Muskeln; 35 bis 40 Prozent des eigenen Körpergewichts gehen auf deren Konto. Der Kraftfaktor, speziell die Stützmuskulatur, nimmt beim Mountainbiken im Gegensatz zum Straßenradsport eine wesentlich größere Rolle ein. Einer, der ein Lied davon singen kann, weil er "auf beiden Hochzeiten tanzt", ist Jakob Fuglsang, Mountainbike-Weltmeister der U23-Klasse und Straßenradprofi: "Biker brauchen nicht nur am Berg, bei Sprints oder am Start Power. Beim Mountainbiken wechseln die Streckenbeschaffenheiten ständig, Streckenprofile sind gewöhnlich sehr unrhythmisch. Dafür muss ein Biker einen starken Muskelapparat haben."
Ruppige Downhills über längere Passagen, wo Schläge abgefedert werden müssen, erfordern eine sehr gute Stützmuskulatur: Bei einer Dauerkontraktion ermüden Oberarm-, Waden und Rumpfmuskulatur rasch, wenn sie bei schnellen, intensiven Abfahrten nicht stark genug sind.
Der Rat des jungen Dänen: "Gerade aus diesem Grund sollten Mountainbiker an den richtigen Stellen einen Schuss Power hinzugeben." Klar ist es immens wichtig, Gewicht zu halten; unnötige Kilos rumzuschleppen, bringt keinen Biker voran. Wer aber da ansetzt, wo Biker für muskuläre Disbalancen anfällig sind, kommt entscheidend weiter.
Jakob Fuglsang zeigt, wie Sie mit wenigen Übungen effektiv trainieren können.
Ausgangsosition: Mit der Unterschenkelvorderseite auf den Ball, mit leicht gebeugten Ellenbogen – Handflächen leicht nach innen gedreht – abstützen. Beine, Po, Rücken und Kopf bilden eine Linie.
Endposition: Ellenbogen beugen und langsam absenken. Wichtig: nicht durchhängen, eine Linie halten und Körperspannung aufbauen. Hochdrücken.
Training: 2 Sätze, 10–15 Wdh. Jakobs Powertipps: zwei Kurzhanteln greifen! Oder vorrutschen und nur die Fußspitzen auf den Ball legen.
Verkürzt -weil überbeansprucht – sind die vordere Oberschenkel-, Rücken- sowie hintere Wadenbeinmuskulatur. Verkürzte bzw. schwache Rücken- und Bauchmuskeln können im schlimmsten Fall gravierende Haltungsschäden oder gar Verletzungen nach sich ziehen. Doch auch kleine, unscheinbare Muskeln wie diejenigen zwischen den Lendenwirbeln oder seitliche und tiefe Bauchmuskeln müssen stabilisiert werden.
Jakob Fuglsang trainiert speziell im Winter drei Mal pro Woche im Studio: "Mein Workout setzt sich aus Gerätetraining und Übungen mit einem Gymnastikball zusammen." Vor allem Letzteres gibt ihm die Möglichkeit, radsportunspezifische Muskeln zu erreichen. "Damit stärke ich den Rumpfbereich (untere Rücken-, seitliche und tief liegende Bauch- sowie Pomuskulatur), den Schultergürtel mit Oberarmen."
Was Fuglsang macht, nennt sich auch propriozeptives Training: Bei der Behandlung von Fehlhaltungen, Bewegungseinschränkungen und schmerzhaften Haltungsschwächen hat sich diese Methode bestens bewährt. Durch dieses Training erhöht sich nicht nur die Wahrnehmung der Stellung einzelner Körpersegmente zueinander, sondern auch das Bewegungsgefühl.
Mit dem Gymnastikball gelingt das optimal: "All die Übungen könnte ich auch ohne den Ball machen. Durch die labile Unterlage wird aber die Tiefenmuskulatur erreicht – das schult mein Körperbewusstsein wie kein anderes Tool", erklärt der junge Athlet. Und dadurch auch die Stabilisierungs- und Koordinationsfähigkeit!
Das Beste daran: "Dieses Workout kann jeder machen, einfach und bequem zu Hause – und ein Gymnastikball kostet nicht die Welt." Was der Schweizer allerdings als bequem bezeichnet, relativiert sich für durchschnittliche Mountainbiker gleich beim ersten Kontakt mit der schwabbeligen Masse. Sein Tipp deshalb: "Ihr Ball sollte nicht zu stark und nicht zu schwach aufgepumpt sein – der Mittelweg macht‘s."
Was einfach aussieht, hat es ganz schön in sich: "Anfänger müssen darauf achten, die Bewegungen langsam auszuführen. Atmen Sie kontinuierlich! Bei der Belastung wird aus-, bei der Entlastung eingeatmet." Pressatmung belastet das Herz-KreislaufSystem zu stark, nebenbei bringt Sie das aus dem Gleichgewicht. Konzentrieren Sie sich auf einen Punkt, das erleichtert das Gefühl für die Balance.
Bei der Trainingsgestaltung sind langsame Umfangssteigerungen zu empfehlen: "Fangen Sie besser mit wenigen Sätzen, dafür mehreren Wiederholungen an – steigern können Sie immer noch", sagt Fuglsang. Bei den Übungen mit dem Ball ist zudem eine saubere Haltung wichtig. Also: Keine Durchhänger etwa bei Seit- und Liegestütz.
Und seien Sie übrigens beruhigt wegen der Kilos: Es ist ganz normal, dass Biker im Schnitt bis zu zwei Kilo mehr auf die Waage bringen als Rennradler – das Muskelzusatzgewicht ist gut angelegt.
Ausgangsosition: Arme und Oberkörper wie bei Übung 1, Füße und Unterschenkel sind auf dem Ball abgestützt. Knie und Hüfte sind gebeugt, Rücken und Kopf bilden eine Linie.
Endposition: Hüfte und Knie strecken. Po bleibt oben, Bauch- und Pomuskeln angespannt. Ellenbogen bleiben leicht gebeugt. Vor- und zurückrollen.
Training: 2 Sätze, je 10 Wdh. Jakobs Powertipp: Liegestütz wie Übung 1. Oder mit den Armen "vorlaufen", bis nur noch die Fußspitze aufliegt.
Ausgangsosition: Gehen Sie so in den Seitstütz, dass der rechte Unterschenkel auf dem Ball liegt. Der rechte Arm ist im Unterarmstütz (Ellenbogen unter der Schulter). Mit der linken Hand stützen Sie sich vorm Körper ab. Hüfte hochdrücken, bis der Körper eine Gerade bildet.
Endposition: Linkes Bein gestreckt hochführen, kurz halten und wieder senken. Dabei Hüfte auf gleicher Höhe halten.
Training: pro Seite 2 Sätze, 10 Wdh. Jakobs Powertipp: abgespreiztes Bein oben halten und kurze, schnelle Auf- und Abbewegungen machen.
Ausgangsosition: Legen Sie sich seitlich auf den Ball. Unteres Bein anwinkeln, oberes in einer Linie mit dem Rumpf strecken. Beide Füße ruhen auf dem Boden. Arme in U-Haltung neben, über oder hinter dem Kopf halten.
Endposition: Den Oberkörper seitlich hochdrücken, bis er aufrecht ist. In der Rückwärtsbewegung nicht zu weit auf den Ball legen. Wichtig: Hüfte nicht verdrehen, in den Beinen stabil bleiben.
Training: pro Seite 2 Sätze, 10 Wdh. Jakobs Powertipp: Theraband über dem Kopf auseinanderziehen.
Ausgangsosition: Knien Sie auf den Ball, und stützen Sie sich mit den Händen darauf ab. Alternative: aus dem "Flachen Frosch" hochrollen.
Endposition: Bei stabiler Position Hüfte strecken, Hände lösen, in den aufrechten Halbstand und versuchen, die Position so lange wie möglich zu halten.
Training: Anfänger nicht ohne Hilfestellung! Fuglsangs Powertipp: Augen zu!
Ausgangsosition: Legen Sie sich mit dem Bauch auf den Ball, Knie dicht über dem Boden gebeugt, Zehenspitzen halten das Gewicht. Schulterblätter nach hinten zusammen ziehen, Blick zum Boden.
Endposition: Beine und Hüfte langsam strecken, Ball unter dem Körper "vorrollen". Oberkörper und Kopf nach oben. Vorsicht: kein Hohlkreuz, Halswirbelsäule nicht überstrecken!
Training: 2 Sätze, 8 Wdh. Fuglsangs Powertipp: vor dem Zurückrollen Oberkörper seitlich drehen.
Ausgangsosition: Legen Sie sich auf den Ball, stellen Sie Ihre Füße auf einen Untersatz. Checken Sie Ihre Position, bis Sie im Gleichgewicht sind. Nicht zu weit hinten oder zu weit vorne liegen.
Endposition: Oberkörper mit hinter dem Kopf verschränkten Armen dosiert anheben. Dann wieder langsam zurück bis in die Horizontale. Wichtig: Kinn geht nicht zur Brust, Blick geradeaus.
Training: 2 Sätze, 10 Wdh. Jakobs Powertipp: kurze, schnelle Sit-ups – dafür nicht ganz zurückbeugen.
Ausgangsosition: Legen Sie sich mit dem Rücken auf eine Matte. Den Ball zwischen die Beine klemmen und rechtwinklig anheben. Die Hände hinter dem Kopf verschränken und Kopf sowie Schultern von der Matte nehmen.
Endposition: Drücken Sie Ihren Oberkörper aus den Bauchmuskeln heraus vom Boden weg. Kinn nicht zur Brust, Blick geradeaus oder über den Ball.
Training: 2 Sätze, 10 Wdh. Fuglsangs Powertipp: Beine leicht strecken, Ball knapp über dem Boden.