Cannondale Moterra SL - die Geweichtsrevolution?
Leichtgewicht trotz Full-Power-Antrieb

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Erleben wir hier eine komplett neue Gewichts-Schreibung? Mit voller 85 Nm-Motorpower vom Shimano EP801-Antrieb will das neue Cannondale dennoch nur 20 kg Lebendgewicht auf die Waage hauchen. Das kling spannend. Ist es auch. Wir durften das vielversprechende neue E-MTB der US-Amerikaner bereits testen und haben alle Informationen zum Moterra SL!

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Foto: Cannondale

Kurz und knapp: Cannondale Moterra SL

  • E-All-Mountain mit Shimano-EP801-Antrieb
  • neu entwickelte Batterie mit 601 Wh
  • Serienmäßig im Mullet-Trim (29-Zoll-Laufräder vorne, 27,5 Zoll hinten) – per Flipchip aber auch als 29er (v/h) fahrbar
  • Superleichter Carbonrahmen mit Flexstays am Heck
  • Geometrieverstellung auf superflaches Setting per Winkelsteuersatz möglich
  • Preis: ab 7999 Euro, ab 19,5 Kilo

Volle Leistung bei niedrigem Gewicht

Der Zusatz SL steht gerade bei vielen E-MTBs für eine Light-Variante mit niedrigem Gewicht und kleinem Motor/Akku. Cannondale geht beim neuen Moterra SL mit 160/150-mm-Fahrwerk jedoch einen anderen Weg. Zwar soll das Topmodell nur 19,5 Kilo wiegen, es bietet aber die Kraft eines Full-Size-E-MTBs. Dafür steht der verbaute Shimano EP801 mit maximal 85 Nm Drehmoment bei 600 Watt Leistung parat. Cannondale hat für das Moterra SL dabei auf eigene Motor-Unterstützungsmodi aus dem Repertoire von Shimano zurückgegriffen, die noch progressiver – gleichzeitig aber weniger energiehungrig werkeln sollen. Apropos Stromverbrauch: Die Energie stellt ein neu entwickelter, extraleichter 601-Wh-Akku bereit, der sich mit etwas Umbauarbeit auch abseits des Rades laden lässt. Eine Umbauarbeit, die man sich wahrscheinlich nicht jeden Tag gönnen wird, da zwei Schrauben gelöst und der Motor ausgebaut werden muss. Typisch Shimano findet sich am Lenker das bekannte Farbdisplay des Steps-Antriebs, auf dem Oberrohr ist die Bedieneinheit für den Motor untergebracht.

Gewichtsersparnis haben die US-Amerikaner auch am Rahmen erreicht: Der Voll-Carbon-Frame ist aufs Wesentliche reduziert und soll ohne Dämpfer, Motor etc. nur um 2000 g auf die Waage hauchen. Am Hinterbau kommen anstelle eines Horst-Links flexende Kettenstreben zum Einsatz, die schon aus dem superleichten Cross-Country-Fully Scalpel bekannt sind. Durch den Wegfall des Hinterbaulagers entfällt nicht nur Gewicht, sondern auch die Wartungsarbeiten am Heck. Clever! Apropos: Die Zugführung gestaltet Cannondale wie an so vielen modernen Bikes durch den Steuersatz, optional kann man die Kabel aber auch durch klassische Cableports verlegen – was vielen Kritikern der neumodischen Steuersatzlösung milde stimmen sollte.

Die Geometrie zeichnet Cannondale trendig flach und lang, mittels Winkelsteuersatz lässt sich der Lenkwinkel auf ultraflache 62,5° verstellen, was das Moterra SL für maximale Bergabperformance polen soll. Der Rest der Geometrie ist modern lang gezeichnet, die Kettenstreben wachsen je Rahmengröße mit. Der Sitzwinkel wurde von Cannondale für ein effizientes Pedallieren am Berg steil gezeichnet. Auch der Hinterbau besitzt zur Geometrieanpassung einen Flip-Chip, der das Moterra auf Wunsch zum Twentyniner an Bug und Heck macht, ab Werk kommt es im Mullet-Aufbau.

Modellvarianten und Preise – Cannondale Moterra SL

Mindestens 7999 Euro ruft Cannondale für das Moterra SL auf. Am Moterra SL 2, dem Einstiegsmodell, kommt eine Shimano-XT-Schaltung zum Einsatz, das Verzögern übernimmt eine Magura MT5. Gefedert wird von einem Fox Performance Fahrwerk. Edler geht es am SL 1 zu, das mit Sram-X0-Transmission, Fox-Factory-Fahrwerk und Magura MT7 Bremse für 9999 Euro zum Kunden rollt.

Cannondale

Das Modell Lab71 lässt keine Wünsche offen, kostet aber 14 000 Euro. 

Das Topmodell Lab71 mit Speziallackierung und edler Ausstattung à la Sram XX Transmission, Fox-Factory-Federelementen, Carbon-Laufrädern und Co. kostet stolze 13 999 Euro.

Erster Test: So fährt sich das Moterra SL

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Cannondale

Auf den Trails rund um Porto unterwegs: Redakteur Lukas Hoffmann testet das neue Moterra SL von Cannondale

Rauf aufs Moterra SL! Im Nu fühlt man sich auf dem US-E-MTB wohl, etwas gewöhnungsbedürftig ist zunächst die superflache Front mit 62,5 Grad Lenkwinkel. Auf den Trails rund um Porto erwies sich für unseren Tester diese Einstellung als zu extrem, weil der Druck auf dem Vorderrad in Kehren zu sehr nachgelassen hatte. Kein Problem: Dank Winkelsteuersatz ist die Einstellung auch on Trail rasch umgebaut. Das Cannondale umgarnt mit einem kraftvollen Motor: Zwar werkelt der EP801 von Shimano nicht so dezent wie mancher Light-E-MTB-Antrieb, im Trailgeschehen fährt es sich dennoch fast wie eines der angesagten Light-Vertreter: Mit dem geringen Gesamtgewicht wuselt das Moterra SL rasch um Kehren ohne in Highspeedpassagen zu unruhig zu werden. Voll geht auch die Mullet-Philosophie auf, die ein lebendiges Heck zu Tage bringen. Apropos: Die Flexstays am Heck funktionieren brillant: Der Hinterbau ist zunächst recht komfortabel abgestimmt, lässt dann aber schon bald eine angenehme Progression am Heck durchblicken – Fahrern, die gerne Bodenfeedback vom Fahrwerk haben, wird dies schmecken. Auf jeden Fall ist Cannondale ein feines E-MTB gelungen, das sehr leicht ausfällt. Wermutstropfen: So viel Hightech hat leider seinen gehobenen Preis.

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Erscheinungsdatum 02.04.2024