Familienduell: Zwei E-MTB-Motoren im Vergleich
Motoren-Vergleich: Shimano EP8 gegen E8000

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Der neue Shimano-EP8-Motor ist da. Doch was macht ihn besser als den Vorgänger? Wir haben die zwei Motoren in Theorie und Praxis verglichen.

Shimano EP8 vs. E8000
Foto: Stefan Eigner

Als Shimano 2016 den E8000-Motor vorstellte, war dieser quasi das "Missing Link" zur Entwicklung moderner E-MTBs. Bis dato waren die Motoren von Bosch & Co. nämlich solche "dicken Brocken", dass den Produktmanagern nichts anderes übrigblieb, als die Hinterbaufederungen und Geometrien mühsam um diese herum zu bauen. Dabei kamen nicht selten Kettenstrebenlängen von bis zu 490 mm heraus – viel zu lang. Ein nichtmotorisiertes MTB besitzt beispielsweise Kettenstreben um 435 mm Länge. Die Eckdaten des E8000 – klein und leicht – bewogen viele BikeHersteller damals, darunter auch Merida, voll auf die Shimano-Karte zu setzen. Mit Erfolg!

Nun kommt die nächste Evolutionsstufe auf den Markt – EP8 heißt der offizielle Nachfolger des E8000. Wir fragten bei Meridas Produktleiter Reynaldo Ilagan nach, was die neuste Motoren-Generation von Shimano besser kann. "Probiert es am besten selbst aus", so die Antwort. Und im Handumdrehen standen zwei nagelneue E-One-Sixty Enduros, eins bestückt mit dem alten, eins mit dem neuen Japan-Motor, zum Testen bereit.

Übersicht – Diese Bikes setzen auf den brandneuen EP8-Motor:

Unterschiede in der Theorie

Beginnen wir dennoch mit den technischen Daten. Denn Shimano hat dafür gesorgt, dass sich die Unterschiede auch in Zahlen gut beschreiben lassen. War schon der alte Motor, verglichen zum (damaligen) Bosch, sehr leicht, hat der neue nun noch mal deutlich abgespeckt: 300 g weniger bringt er auf die Waage und wiegt damit nur noch 2,6 Kilo. Beim Akku legt Shimano dafür ordentlich zu. Neben dem bekannten 504-Wh-Stromspeicher wird nun auch ein großer 630-Wh-Akku angeboten. Unterm Strich dürfte sich die Gewichtsersparnis des alten Motors durch das Zusatzgewicht des dickeren Akkus aufheben. Dafür bekommt man deutlich mehr Reichweite. Rein rechnerisch sind das, bei gleichen Parametern von Bike-, Fahrergewicht und Laufradgröße, stolze 350 Höhenmeter mehr, die der Neue liefern kann.

Nicht nur in Sachen Akku-Kapazität ist der neue Motor, der jetzt mit Magnesium-Gehäuse ausgestattet ist, auf dem Papier besser. Statt der 70 Newtonmeter Maximalleistung des E8000 dreht der EP8 bis auf 85 Nm auf, und er soll dank eines verbesserten Hitzemanagements später und weniger stark abregeln. Reduzierte der alte die Leistung bei starker Temperaturentwicklung noch bis auf 40 Nm, soll der neue lediglich auf 70 Nm abregeln. Dies dürfte vor allem E-Biker, die oft oder ausschließlich in den Alpen unterwegs sind, freuen. Verbessert wurde auch die Geräuschentwicklung, der EP8 soll nun zwei Dezibel leiser sein. Zudem hat Shimano laut Eigenaussage den Tretwiderstand ab 25 km/h um satte 36 Prozent reduziert.

Alt gegen neu – der Praxistest

Genug der Theorie, ab auf den Trail. Alt gegen neu. E8000 vs. EP8. Auf zwei identischen MeridaBikes geht es zur Sache. Nur die Motoren und die Anbauteile (Bedienelement, Display) unterscheiden die Zwillinge.

Während dies bei Display & Co. zunächst kaum auffällt, ist die neue Motorcharakteristik sofort spürbar. Dabei macht sich in der Ebene und auch im moderaten Anstieg das erhöhte Drehmoment erst mal kaum bemerkbar. Auch die reduzierte Geräuschkulisse ist nicht so stark wahrnehmbar wie zunächst angenommen – was aber auch an den per se für E-MTBs gut geräuschgedämpften Meridas liegen dürfte. Dafür beeindruckt auf Anhieb das direkte Einsetzen der vollen Leistung. Schon bei niedrigen Trittfrequenzen zieht der neue Motor viel stärker durch – ohne dabei übertrieben zu beschleunigen oder gar undosierbar zu wirken.

Der E8000-Motor braucht hier deutlich mehr Trittfrequenz (um 70 U/min), um auf Touren zu kommen. Die volle Kraftzugabe bei niedrigen Kadenzen erlaubt es, wesentlich ruhiger im Sattel zu sitzen. Vor allem in technischen Uphills macht sich das als Vorteil bemerkbar, da man das Bike besser unter Kontrolle hat und aus dem Stillstand heraus mit der vollen Motorleistung rechnen kann. Den alten Motor muss man hingegen stets auf Drehzahl halten, sodass das schnelle Treten Unruhe ins Fahren bringt – auch wenn viele (E-)Biker den E8000 gerade deswegen schätzen, weil sich das Treten mit hoher Frequenz "natürlicher", mehr nach einem unmotorisierten MTB anfühlt.

So oder so: Der neue Shimano-Motor ist in der stärksten Unterstützungsstufe ("Boost") sensibler geworden und agiert nicht mehr so digital wie der alte. Zudem bietet der progressive "Trail"-Mode jetzt ebenfalls bei entsprechender Kraftzugabe des Fahrers die maximale Leistungszugabe. Somit muss man beim EP8 wesentlich weniger zwischen den Modi wechseln und dank der niedrigeren Trittfrequenzen auch weniger schalten.

Praktisch: Shimano bietet zum neuen Motor eine neue App an. Diese lässt es zu, zwei Benutzerprofile anzulegen und Parameter wie Fahrcharakteristik und Drehmoment zu beeinflussen. So kann ein sparsames Pendler-Profil und ein sportliches für die flotte Trail-Runde angelegt werden. Ach so: Auch ohne Motor-Unterstützung ist der neue EP8 eine Verbesserung, der Tretwiderstand oberhalb der 25-km/h-Grenze ist spürbar viel geringer.

Vorteile EP8

  • 2 dB leiser
  • 36 % weniger Tretwiderstand ab 25 km/h
  • verbessertes Hitzemanagement
  • mehr Leistung bei niedriger Trittfrequenz

Leistungsabgabe bei maximalem Drehmoment im Direktvergleich

Shimano EP8 vs. E8000
Stefan Eigner
Das Diagramm zeigt, wie sich die Leistungsabgabe des neuen EP8-Motors im Vergleich zum alten E8000 verhält. Der Leistungsabfall setzt – auch bei Hitzeentwicklung – deutlich später ein. Quelle: Shimano

Key Facts im Vergleich

Leichter, mit optional größerem Akku sowie deutlich mehr Drehmoment: Der EP8 schlägt den E8000 in allen messbaren Bereichen deutlich.

EP8

E8000

Drehmoment

85 Nm

70 Nm

Maximale Unterstützung

400 %

300 %

Gewicht

2,6 kg

2,9 kg

Akku-Kapazität

630 Wh

504 Wh

Q-Faktor

175 mm

177 mm

Die aktuelle Ausgabe
05 / 2024
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Erscheinungsdatum 02.04.2024